Nach über neunmonatiger Verhandlungsdauer haben sich die Tarifparteien im privaten Bankgewerbe am 6. April 2022 auf einen Gehaltsabschluss verständigt. Er sieht bei einer Laufzeit von 35 Monaten (bis Ende Mai 2024) Entgeltsteigerungen in zwei Stufen um insgesamt 5,0 Prozent und zwei Einmalzahlungen von je 500 Euro vor, darüber hinaus deutlich überproportionale Anhebungen der Ausbildungs-vergütungen. Über das von den Arbeitgebern angebotene Zukunftspaket mit Tarifverträgen zu Mobilarbeit, Nachwuchskräften und betrieblicher Altersversorgung kam keine Einigung zustande.

Forderungen

Am 1. Juli 2021 begann in Berlin die Tarifrunde für das private Bankgewerbe unter veränderten Vorzeichen. Erstmals seit fast 50 Jahren starteten private und öffentliche Banken getrennt in die anstehenden Verhandlungen, weil sich die Interessenlagen beider Bankengruppen in den vergangenen Jahren immer weiter ausdifferenziert hatten und deshalb eine Fortsetzung der Verhandlungsgemeinschaft nicht mehr sinnvoll erschien. Zugleich nahm der AGV Banken die Verhandlungen nur noch mit den beiden Gewerkschaften Verdi und DBV auf, nachdem das Bundesarbeitsgericht der Gewerkschaft DHV kurz vor dem Auftakt der Tarifrunde die Tariffähigkeit aberkannt hatte.

Die Forderungspakete der Gewerkschaften enthielten zwar nicht so viele Themen wie in der Tarifrunde 2019, als insbesondere die Gewerkschaft Verdi Forderungen in bis dahin nicht gekanntem Ausmaß erhoben hatte. Die Gewerkschaften hatten aber neben der Gehaltsfrage wiederum eine Reihe materiell schwerwiegender Themen auf die Agenda gesetzt. Der AGV Banken machte deshalb bereits zum Verhandlungsauftakt deutlich, dass die Forderungen zu weitgehend und größtenteils nicht erfüllbar seien.

Forderungen der Gewerkschaft Verdi

Verdi forderte  

  • eine Erhöhung der Tarifgehälter um 4,5 Prozent für zwölf Monate, mindestens jedoch 150 Euro
  • eine individuelle Wahlmöglichkeit der Beschäftigten, ob sie Tariferhöhungen in Form von mehr Geld oder mehr Freizeit umsetzen wollen
  • eine Erhöhung der Gehälter außertariflich (AT) bezahlter Mitarbeiter im selben Ausmaß wie bei den Tarifgehältern
  • eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 150 Euro (das entspricht durchschnittlich 14 Prozent für zwölf Monate)
  • einen Anspruch auf mobiles Arbeiten im Umfang von 20 bis 60 Prozent der Arbeitszeit
  • eine Erstausstattungs-Pauschale in Höhe von 1.500 Euro für alle mobil Arbeitenden (das entspricht auf Jahresbasis 2,6 Prozent)
  • Regelungen für gute und sichere mobile Arbeit, insbesondere zum Datenschutz, Arbeitsschutz und zu den virtuellen Zugangsrechten der Gewerkschaft
  • den Abschluss eines Nachwuchskräfte-Tarifvertrags inklusive Einbeziehung dual Studierender in den Tarif, unbefristeter Übernahme aller Ausgebildeten, Bereitstellung digitaler Endgeräte für Nachwuchskräfte, Fahrtkostenzuschüssen für Familienheimfahrten und fünf zusätzlichen Freistellungstagen
  • eine Modernisierung der Freistellungsregelung in § 16 Ziff. 3 des Manteltarifvertrags (Kopplung der Freistellung für die Geburt des eigenen Kindes nicht länger nur an den Status der Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft, sondern Erweiterung auf alle anderen Partnerschafts- und Familienbeziehungen)
  • die Verlängerung des Altersteilzeit-Tarifvertrags
  • die Verlängerung der Öffnungsklausel zur Beschäftigungssicherung (31-StundenKlausel).  

Forderungen des Deutschen Bankangestellten-Verbands (DBV)

Der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) forderte  

  • eine Erhöhung der Tarifgehälter um 4,8 Prozent bei noch zu verhandelnder Laufzeit
  • die Möglichkeit, Entgelterhöhungen in Freizeit umzuwidmen
  • eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 4,8 Prozent bei noch zu verhandelnder Laufzeit
  • eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde auf 38 Stunden (das entspricht einer Verteuerung der Arbeit um 2,6 Prozent)
  • die Möglichkeit, tarifliche Geldleistungen für Leasingzwecke (E-Bike, IT-Produkte) umzuwandeln
  • eine Verhandlungsverpflichtung für einen „Zukunftstarifvertrag“ zur Regelung von Arbeit außerhalb des Betriebs (Homeoffice)
  • zwei zusätzliche Freistellungstage für Prüfungen in berufsbegleitenden Studiengängen (Bachelor und Master)
  • die unbefristete Übernahme Ausgebildeter der Jahrgänge 2021 bis 2023 (Ausbildungsbeginn)  
  • das Wiederaufleben von Ansprüchen aus dem Vorruhestands-Tarifvertrag bis Ende 2024
  • die unveränderte und dauerhafte Überführung der Rahmenregelung zu Langzeitkonten, des Altersteilzeit-Tarifvertrags und der Öffnungsklausel zur Beschäftigungssicherung (31-Stunden-Klausel) in den Manteltarifvertrag
  • Anpassungen des Manteltarifvertrags:
  • Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitkräfte ab der ersten Stunde Mehrarbeit
  • bei Krankheit kein Verfall des tariflichen Urlaubsanspruchs nach dem ersten Quartal des Folgejahres, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres
  • bezahlte Arbeitsbefreiung bei Ausübung eines öffentlichen Ehrenamts
  • verlängerte Kündigungsfrist bei langjähriger Betriebszugehörigkeit
  • Anerkennung von Dienstreisen als Arbeitszeit.

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Positionen Arbeitgeber

Die Arbeitgeber hatten bereits im Vorfeld der Tarifrunde darauf verwiesen, die Banken wüssten den Einsatz ihrer Beschäftigten während der Pandemie insbesondere in systemrelevanten Bereichen sehr zu schätzen und hätten dafür auch die entsprechende Anerkennung gewährt. Das private Bankgewerbe stehe aber weiterhin unter erheblichem Kostendruck und befinde sich mitten in einem tiefgreifenden Transformationsprozess mit massivem Personalabbau in diesem und in den kommenden Jahren. Die Banken blieben auf Jahre hinaus auf der Kosten- und der Ertragsseite unter Druck, man habe es mit so vielen Risiken und Unsicherheiten zu tun wie lange nicht. In dieser Situation sei strikte Kostendisziplin das oberste Gebot.

Gehaltsforderungen deutlich zu hoch  

Entsprechend wiesen die Arbeitgeber die Forderungspakete der Gewerkschaften als unrealistisch zurück. Nicht nur die Gehaltsforderungen seien deutlich zu hoch. Auch die weitreichenden Forderungen insbesondere zu Mobilarbeit und Ausbildung seien keinesfalls darstellbar. Das Gesamtpaket enthalte einige sehr schwerwiegende Elemente, dies überfrachte die Verhandlungen.

Die Arbeitgeber betonten darüber hinaus, das Vergütungsniveau im Bankgewerbe sei immer noch sehr hoch. Zudem hätten die Bankbeschäftigten trotz schwieriger Lage auch in Krisenzeiten von realen Gehaltszuwächsen profitiert: Seit 2010 sei die Gesamtvergütung der Tarifbeschäftigten nominal um 25 Prozent und abzüglich Inflation um fast 12 Prozent gestiegen – und damit deutlich stärker als die dahinterstehende Wertschöpfung der Branche.  

Klare Absage an tariflichen Anspruch auf Mobilarbeit

Eine klare Absage erteilten die Arbeitgeber der Verdi-Forderung nach einem einseitigen Anspruch auf mobile Arbeit zwischen 20 und 60 Prozent der Arbeitszeit. Im System der Arbeitsbeziehungen in Deutschland gebe es aus gutem Grund das gesetzlich legitimierte Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Arbeitsinhalt, Arbeitsort und Arbeitszeit. In dieses System passe kein pauschaler einseitiger Anspruch der Beschäftigten, selbst über ihren Arbeitsort zu bestimmen. Mobilarbeit habe in den Banken eine hohe Bedeutung, und das nicht erst seit der Pandemie. Entsprechend gut seien die Arbeitgeber-Leistungen für mobile Arbeit, was sich auch in hohen Zufriedenheitswerten der Beschäftigten im Homeoffice widerspiegele. Allerdings sei die Praxis in den Unternehmen je nach Geschäftsmodell, Arbeitsorganisation und Unternehmenskultur sehr unterschiedlich, die Gestaltung müsse deshalb weiterhin den Betriebsparteien überlassen bleiben; ein Tarifvertrag sei dafür die falsche Regelungsebene. Entsprechend komme auch die von Verdi geforderte tarifliche Erstausstattungs-Pauschale in Höhe von 1.500 Euro für die Arbeit im Homeoffice nicht infrage.  

Kein Wahlrecht auf Umwandlung von Tariferhöhungen in Freizeit

Als nicht praktikabel wiesen die Arbeitgeber auch die Forderung der Gewerkschaften zurück, die Beschäftigten sollten ein individuelles Wahlrecht zur Umwandlung von Tariferhöhungen in Freizeit erhalten. Zum einen erlaubten die Banken-Tarifverträge bereits per freiwilliger Betriebsvereinbarung die Umwandlung tariflicher Geldleistungen auch in Freizeit. Zum anderen könnten die Banken trotz anhaltendem Personalabbau in vielen Bereichen nicht auf dringend benötigte Personalkapazitäten verzichten. Die Unternehmen bräuchten ihre Beschäftigten beim Umbau ihrer Geschäftsmodelle mit vollem Einsatz. Eine einseitige Wahlmöglichkeit für mehr Freizeit würde außerdem die Personalplanung massiv erschweren.

Arbeitgeber-Forderungen

Die Arbeitgeber brachten ihrerseits die Forderungen in die Tarifrunde ein, die Rahmenregelung zu Langzeitkonten und den Tarifvertrag zur Regelung der Kurzarbeit in unveränderter Form zu verlängern.

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Verhandlungsverlauf

Erster Verhandlungstermin: Austausch von Grundsatzpositionen

Der erste Verhandlungstermin am 1. Juli 2022 in Berlin diente dem traditionellen Austausch der Grundsatzpositionen und einer ersten Bewertung der Forderungen. Die Arbeitgeber wurden dabei unterstützt durch Prof. Michael Kötter, Stellvertretender Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), aufseiten der Gewerkschaft Verdi bewerte deren Chefvolkswirt Dr. Dierk Hirschel das Verhandlungsumfeld. Bei der Einschätzung der Wirtschafts- und Branchenlage zeigten sich zwar in manchen Punkten Übereinstimmungen, allerdings unterschieden sich die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen für die Tarifrunde erheblich. Eine Annäherung wurde nicht erzielt.

Zweiter Verhandlungstermin: keine Bewegung

Vor dem zweiten Verhandlungstermin am 26. August in Wiesbaden hatte der AGV Banken deutlich gemacht, dass die weitreichenden Gewerkschaftsforderungen zu den Themen Mobilarbeit und Nachwuchskräfte eine erhebliche Belastung für die Tarifrunde seien. Bereits die reinen Gehaltsforderungen der Gewerkschaften lägen weit über den Möglichkeiten der Branche. Hinzu kämen teure und unrealistische Zusatzforderungen. Die Hürden auf dem Weg zu einer Tarifeinigung seien deutlich zu hoch.

Die Gewerkschaften zeigten keine Bereitschaft, von ihren Forderungen abzurücken, und verlangten, parallel über alle Themen der Tarifagenda inklusive Gehalt zu sprechen. Trotz konstruktiver Gesprächsatmosphäre gab es bei den Gewerkschaften jedoch bei wichtigen Themen – insbesondere Mobilarbeit und Nachwuchskräfte – keine Bewegung. Durch das Festhalten an den Maximalforderungen wurde der Verhandlungstermin ergebnislos beendet.  

Der AGV Banken betonte, solange sich kein realistisches Gesamtpaket abzeichne, werde man auch beim Kernthema Gehalt nicht vorankommen. In der Gehaltsfrage wiederum könnten keinesfalls die Maßstäbe früherer Tarifrunden angelegt werden. Zugleich betonten die Arbeitgeber, dass sie weiterhin zu allen Themen auf der Tarifagenda gesprächsbereit seien. Es gehe darum, Möglichkeiten für ein Abschlusspaket auszuloten, das für die gesamte Branche tragbar sei. Dabei werde auch das Thema Mobilarbeit eine Rolle spielen. Darüber hinaus boten die Arbeitgeber an, zeitnah die 2020 begonnenen Verhandlungen über einen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag und zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente fortzusetzen.

Dritter Verhandlungstermin: Arbeitgeber legen erste Angebote vor, Abbruch durch Verdi

Im dritten Verhandlungstermin am 24. September in Berlin unterbreiteten die Arbeitgeber ein erstes Gehaltsangebot, das eine Erhöhung der Tarifgehälter um insgesamt 3,2 Prozent in drei Stufen bei einer Laufzeit von 36 Monaten vorsieht. Auf Basis von Zwischengesprächen mit beiden Gewerkschaften vor dem Verhandlungstermin boten sie zusätzlich ein Zukunftspaket mit eigenständigen Tarifverträgen zur Mobilarbeit, für Nachwuchskräfte und zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente an. Damit ist der AGV Banken den Gewerkschaften bei den Kernthemen der Tarifagenda substanziell entgegengekommen.

Beim Thema Mobilarbeit legten die Banken-Arbeitgeber einen Tarifvertrags-Entwurf mit Aspekten vor, die sich sinnvollerweise übergreifend regeln lassen. Dazu gehören insbesondere Arbeitszeit und Erreichbarkeit, die Einbindung mobil Arbeitender in betriebliche Abläufe, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Datenschutz und Datensicherheit, Arbeitsschutz sowie Haftungsfragen und der Umgang mit Störfällen. Unverändert nicht im Flächentarif regelbar sind aus Arbeitgebersicht ein Anspruch auf Mobilarbeit und Fragen von technischer Ausstattung inklusive entsprechender Pauschalen; derartige Themen müssten mit Blick auf die sehr heterogene Situation in den Unternehmen der Betriebsebene überlassen bleiben.  

Zum Thema Nachwuchskräfte boten die Arbeitgeber an, die seit Frühjahr 2020 laufenden Verhandlungen über einen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag im Rahmen eines Gesamtpakets in die Tarifrunde zu integrieren und in den Tarifvertrag auch dual Studierende einzubeziehen, inklusive Übernahmeregelung, einheitlicher Vergütung und zusätzlicher Freistellung für Prüfungsvorbereitungen. Auch Ausbildung in Teilzeit soll künftig möglich sein.

Bei der betrieblichen Altersversorgung haben die Arbeitgeber angeboten, die seit Frühjahr 2020 laufenden Verhandlungen über ein neues System nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente ebenfalls im Rahmen der Tarifrunde abschließend zu verhandeln, um die bereits gute Altersversorgung im privaten Bankgewerbe um eine neue Säule zu ergänzen und für weitere Beschäftigte attraktiv zu machen.

Die Gewerkschaft Verdi war nicht bereit, in Gespräche über das angebotene Paket einzusteigen, und verließ den Verhandlungstisch bereits nach einer Stunde, ohne dass es überhaupt zu einem Austausch von Positionen oder Lösungsansätzen kam. Die Verdi-Vertreter begründeten diesen außergewöhnlichen Schritt mit der Aussage, die Arbeitgeber hätten zu keinem Thema etwas Neues angeboten. Die Arbeitgeber wiesen dies sehr deutlich zurück und äußerten ihr Unverständnis über das Verhalten der Verdi-Tarifkommission. Ein neuer Verhandlungstermin mit Verdi wurde nicht vereinbart. Mit der Gewerkschaft DBV wurden die Verhandlungen in sachlichem Stil fortgesetzt.

Vierter Verhandlungstermin mit dem DBV: konstruktive Atmosphäre

Im vierten Verhandlungstermin am 13. Oktober in Wiesbaden diskutierten die Arbeitgeber mit der Gewerkschaft DBV ausführlich und in guter Arbeitsatmosphäre zu wichtigen Themen der Tarifagenda und kamen ein gutes Stück voran. Dabei klammerten die Tarifparteien die Gehaltsfrage aus, im Mittelpunkt standen die Themen Betriebsrente und Nachwuchskräfte. Beide Seiten waren sich einig, dass sie eine Fortsetzung der Verhandlungen im November anstreben.

Fast viermonatige Verhandlungspause

Seit Beginn der Banken-Tarifrunde im Juli 2021 hatte der AGV Banken betont, dass er den Abschluss gleichlautender Tarifvertragswerke mit allen Gewerkschaften im privaten Bankgewerbe anstrebt. Damit geriet die Tarifrunde nach dem Verhandlungsabbruch durch die Gewerkschaft Verdi im dritten Verhandlungstermin am 24. September – trotz des konstruktiven vierten Termins mit der Gewerkschaft DBV Mitte Oktober – zunächst ins Stocken. Dennoch erklärten die Arbeitgeber weiterhin ihre Gesprächsbereitschaft zu allen Aspekten der Tarifagenda, insbesondere zu den Themen Gehalt, Nachwuchskräfte-Tarifvertrag, betriebliche Altersversorgung und Mobilarbeit.

Es dauerte jedoch bis Mitte Dezember, bis alle Beteiligten ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der Verhandlungen signalisierten. Nach Gesprächen auf der Arbeitsebene verständigten sich die Tarifparteien auf einen weiteren Verhandlungstermin am 17. Januar 2022. Im Vorfeld betonten die Arbeitgeber, nach über einem halben Jahr bräuchten die Beschäftigten und die Unternehmen endlich Klarheit und Planungssicherheit.

Fünfter Verhandlungstermin: Abbruch nach erhöhten Verdi-Forderungen, Arbeitgeber empfehlen Einmalzahlung

Der fünfte Verhandlungstermin am 17. Januar fand corona-bedingt rein virtuell statt. Direkt zu Verhandlungsbeginn wurde jedoch deutlich, dass auch in diesem Termin keine Einigung möglich sein würde, weil die Gewerkschaft Verdi zusätzliche unüberwindbare Hürden für eine Tarifeinigung aufbaute. So verschärfte Verdi ihre ursprüngliche Gehaltsforderung (4,5 Prozent für 12 Monate) massiv, was zu einer Belastung des laufenden Kalenderjahres in Höhe von 7,1 Prozent geführt hätte: Verdi verlangte bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Einmalzahlung von 1.500 Euro, die Erhöhung der Tarifentgelte um 3,5 Prozent zum Januar 2022 und um weitere 2,5 Prozent zum Januar 2023 sowie zwei zusätzliche Urlaubstage, was einer dauerhaften Verteuerung der Arbeit um weitere 0,9 Prozent entsprochen hätte. Darüber hinaus wollte Verdi das Verhandlungspaket mit den wichtigen Themen Mobilarbeit, Nachwuchskräfte und Sozialpartnermodell Betriebsrente aufweichen und wichtige Elemente erst im weiteren Jahresverlauf verhandeln, obwohl die Verhandlungen zur inhaltlichen Modernisierung des Tarifwerks teilweise bereits seit fast zwei Jahren intensiv geführt worden waren.

Damit war auch knapp sieben Monate nach dem Auftakt der Tarifrunde keine Einigung in Sicht, die Verhandlungen wurden ergebnislos unterbrochen. Die Arbeitgeber erklärten, mit ihrem Verhalten stelle Verdi infrage, ob eine baldige Fortsetzung der Tarifverhandlungen sinnvoll sei. Vieles spreche für eine längere Denkpause.

Um zu verhindern, dass der Tarifstreit auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, empfahl der AGV Banken seinen Mitgliedsunternehmen im Vorgriff auf einen möglichen Abschluss bis April 2022 eine Einmalzahlung für Tarifbeschäftigte in Höhe von 500 Euro und für Auszubildende in Höhe von 100 Euro (jeweils brutto). Die Arbeitgeber betonten, damit sollten insbesondere die Beschäftigten in den unteren Einkommensgruppen gestärkt werden, weil die Zahlung für diese überproportional wirke.

Sechster Verhandlungstermin: Einigung

Mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar und den daraus resultierenden geopolitischen und ökonomischen Folgen veränderte sich das Umfeld für die laufenden Tarifverhandlungen gravierend. Die Tarifparteien standen vor der Frage, wie sich in solch unsicheren Zeiten tarifpolitisch Planungssicherheit herstellen lässt. Nach Vorgesprächen im März vereinbarten der AGV Banken und die Gewerkschaften einen weiteren Verhandlungstermin am 6. April, der ebenfalls rein virtuell stattfand. In diesem Termin gelang schließlich die Einigung auf einen Tarifabschluss.

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Tarifabschluss

Gehaltsanhebung in zwei Stufen und zwei Einmalzahlungen

Am 6. April 2022 verständigten sich der AGV Banken und die Gewerkschaften Verdi und DBV nach über neunmonatiger Verhandlungsdauer auf einen Tarifabschluss mit folgenden Elementen:

Abschluss eines neuen Gehaltstarifvertrags mit folgenden Komponenten:

  • Laufzeit: 35 Monate (Juli 2021 bis Mai 2024)
  • Lineare Erhöhung: Nach 13 Leermonaten (Juli 2021 bis Juli 2022) steigen die Tarifgehälter ab dem 1. August 2022 um 3,0 Prozent und in einer zweiten Stufe ab dem 1. August 2023 um weitere 2,0 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen ab 1. August 2022 deutlich überproportional: im ersten Ausbildungsjahr auf 1.150 Euro (plus 114 Euro), im zweiten Ausbildungsjahr auf 1.220 Euro (plus 122 Euro) und im dritten Ausbildungsjahr auf 1.300 Euro (plus 140 Euro). Das entspricht in den ersten beiden Ausbildungsjahren einer Steigerung um jeweils 11,1 Prozent, im dritten Ausbildungsjahr um 12,1 Prozent.
  • Einmalzahlungen: Die Tarifangestellten erhalten zwei rechtlich voneinander unabhängige pauschale Einmalzahlungen in Höhe von jeweils 500 Euro, auszahlbar spätestens im April 2022 und im Januar 2023. Zu diesen Zeitpunkten erhalten auch die Auszubildenden pauschale Einmalzahlungen in Höhe von jeweils 100 Euro.

Aus der linearen Erhöhung und den beiden Einmalzahlungen ergibt sich innerhalb der Laufzeit – umgerechnet auf 12 Monate – eine Durchschnittsbelastung von 1,55 Prozent. Der langfristige Tarifsockel (nur bezogen auf die linearen Erhöhungen) steigt – ebenfalls auf 12-Monats-Basis – um 1,71 Prozent. Die Kalenderjahres-Belastung liegt im Jahr 2022 bei 2,27 Prozent und im Jahr 2023 bei 2,51 Prozent.

Verlängerung der Öffnungsklausel zur Beschäftigungssicherung (31-Stunden-Klausel), des Altersteilzeit-Tarifvertrags, der Rahmenregelung zu Langzeitkonten und des Tarifvertrags zur Regelung der Kurzarbeit bis Ende Dezember 2024.

Mit dem Gehaltstarifabschluss erkennen die privaten Banken die Leistung ihrer Beschäftigten in schwierigen Zeiten an und mildern deutlich die Folgen der erhöhten Inflation insbesondere für die Beschäftigten in den unteren und mittleren Vergütungsgruppen, die von den beiden Einmalzahlungen überproportional profitieren. So erhalten beispielsweise Privatkundenberater im Filialgeschäft (Tarifgruppe 7 / 9. Berufsjahr) über die Laufzeit hinweg insgesamt rund 7 Prozent mehr Geld.

Von besonderer Bedeutung ist die deutliche Anhebung der Ausbildungsvergütungen. Damit sind die privaten Banken nicht nur in der Ausbildungsqualität, sondern auch in der Ausbildungsvergütung führend und senden ein wichtiges Signal im Wettbewerb um gut qualifizierte Nachwuchskräfte.

Bedauerlich ist aus Sicht der Banken-Arbeitgeber, dass keine Einigung über das angebotene Zukunftspaket zustande kam. Dazu gehörten ein eigenständiger Nachwuchskräfte-Tarifvertrag, eine Rahmenregelung zur Mobilarbeit und ein Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente.

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