Das viel zitierte „neue Normal“ in der Arbeitswelt hat gerade erst begonnen: Im ersten Jahr der Normalisierung nach der Pandemie verändert sich Arbeitsorganisation noch einmal spürbar, die wissensbasierten Dienstleistungen sind mitten in der hybriden Arbeitswelt angekommen. Eine aktuelle Studie des AGV Banken zeigt: Die höhere Autonomie der Beschäftigten wirkt ganz überwiegend entlastend, die Qualität mobiler und hybrider Arbeit ist überdurchschnittlich hoch.

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Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Einleitung: Arbeitsorganisation reloaded – innerhalb nur eines Jahres

Die Corona-Pandemie hat nicht nur den größten Mobilarbeits-Feldversuch aller Zeiten ausgelöst, sondern auch einen Quantensprung in moderner Arbeitsorganisation. Während der Pandemiejahre hat sich eine deutlich veränderte Arbeitswelt etabliert. Wo Mobilarbeit möglich ist, wird sie breit genutzt und ist für viele Beschäftigte längst alltäglich, entscheidende technische und (unternehmens-)kulturelle Hindernisse für Mobilarbeit sind beseitigt. Entsprechend richtete sich im Arbeitsschutz der Fokus zuletzt vor allem auf die Frage, wie sich das erhöhte Ausmaß an mobiler Arbeit auf Gesundheit, Arbeitszufriedenheit, Führung und Arbeitsorganisation auswirkt.

Doch um moderne Büro- und Wissensarbeit weiterhin gut und gesundheitsgerecht zu gestalten, muss der Blick heute schon über mobile Arbeit hinausgehen. Mit dem Auslaufen der Pandemie ist der gewohnte Alltag zurückgekehrt, und es zeigt sich immer klarer, wie wir künftig wirklich arbeiten werden. Die gravierenden Einschränkungen des Infektionsschutzes sind entfallen, es herrscht wieder Bewegungsfreiheit. Dadurch gewinnt auch der Arbeitsort Büro wieder an Bedeutung. Parallel haben Unternehmen, Führungskräfte und Beschäftigte vielfältige Erfahrungen mit mobiler Arbeit gesammelt, die in die Gestaltung und Bewertung der neuen Arbeitswelt einfließen – wodurch Aspekte wie Autonomie, Vertrauen und Eigenverantwortung noch wichtiger werden. Fast zwei Drittel der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe können heute im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und Vorgaben über ihren Arbeitsort (weitgehend) frei entscheiden, eine noch vor wenigen Jahren unvorstellbare Größenordnung.

Entsprechend haben sich im zurückliegenden Jahr noch einmal deutliche Veränderungen in der Arbeitsorganisation vieler Unternehmen und in der Arbeitsweise vieler Menschen ergeben. Die Annahme, nach zwei Jahren pandemiebedingter Mobilarbeit habe sich das „neue Normal“ bereits weitgehend manifestiert, erweist sich als Trugschluss; zu stark haben sich innerhalb nur eines Jahres die Anteile von Büro- und Mobilarbeit in Richtung einer (vielfach gewünschten) ausgewogenen Mischung verschoben – willkommen in der hybriden Arbeitswelt mit all ihren neuen und vielfältigen Ausprägungen, die mehr sind als die bloße Summe von stationärer und mobiler Büroarbeit und die viel differenzierter betrachtet werden müssen als bisherige Arbeitsformen.

Im privaten Bankgewerbe arbeiteten zu Beginn des Jahres 2023 bereits zwei Drittel der Beschäftigten mindestens gelegentlich in hybriden Arbeitsstrukturen, also in Teams, die von verschiedenen Orten aus zusammenarbeiten. Deshalb widmet sich die vorliegende Studie nicht isoliert den Auswirkungen mobiler Arbeit, sondern betrachtet zusätzlich bereits ausführlich, was hybrides Arbeiten für Arbeitsqualität, Zufriedenheit und Gesundheit bedeutet. Damit gehört sie nicht nur zu den ersten Untersuchungen im Bereich der wissensbasierten Dienstleistungen mit diesem Schwerpunkt, sie liefert auch erste belastbare Daten über die Auswirkungen mobiler Arbeit in der post-pandemischen Phase. Die repräsentativen Ergebnisse stammen aus der bereits 14. Welle von Befragungsdaten, die das Sozialforschungsinstitut Kantar seit 2010 im Auftrag des AGV Banken erhebt. Damit erlaubt die vorliegende Studie auch aufschlussreiche Vergleiche zwischen mobiler und hybrider Arbeit heute und vor bzw. während der Pandemie.

Zugleich stehen die Ergebnisse stellvertretend für die Arbeitsqualität im Bereich der wissensbasierten Dienstleistungen insgesamt. Bereits frühere Studien im privaten Bankgewerbe haben gezeigt, dass sich die wesentlichen Erkenntnisse auch auf Bürotätigkeiten in anderen Branchen übertragen lassen. Insofern können die vorliegenden Ergebnisse zumindest als Indikator für die Entwicklung mobiler und hybrider Arbeitsformen in der gesamten Wirtschaft dienen.

Die vorliegende Studie kommt zu folgenden wesentlichen Ergebnissen:

  • Ausmaß an Mobilarbeit mehr als verdoppelt: Seit Beginn der Pandemie hat sich das Ausmaß an mobiler Arbeit mehr als verdoppelt. In Deutschland arbeiteten 2022 laut dem D21 Digitalindex über alle Branchen hinweg 38 Prozent der Beschäftigten mindestens gelegentlich mobil, im privaten Bankgewerbe sind es aktuell fast doppelt so viele (73 Prozent). Damit gehören die Banken zu den Branchen mit dem höchsten Mobilarbeits-Anteil.
  • Mobilarbeit nicht nur in den eigenen vier Wänden: Arbeit von zu Hause ist zwar die häufigste Form der Mobilarbeit, die aber vielfach und zunehmend auch an anderen Orten stattfindet, etwa in wohnortnahen Büros, auf Dienstreisen, bei Verwandten und Freund*innen oder an Ferienorten rund um Urlaube („Workation“).
  • Potenzial an Mobilarbeit derzeit ausgeschöpft: Der Anteil der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe, die nie von zu Hause arbeiten und die täglich im Büro arbeiten, bewegt sich seit 2022 auf unverändertem Niveau. Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass das Potenzial an Mobilarbeit derzeit ausgeschöpft ist.
  • Annäherung von Wunsch und Wirklichkeit: Der Wunsch nach mobiler Arbeit und das tatsächliche Ausmaß liegen heute auf einem höheren Niveau als vor der Pandemie und deutlich näher beieinander. Im privaten Bankgewerbe möchten 87 Prozent und können 67 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal wöchentlich von zu Hause arbeiten. Dieser Annäherungsprozess von Wünschen, betrieblichen Notwendigkeiten und Möglichkeiten dürfte sich angesichts der weiterhin hohen Veränderungsdynamik fortsetzen.
  • Weitreichende Öffnung der Mobilarbeit: Mobilarbeit durchdringt inzwischen alle Arbeitsbereiche, vermehrt auch Tätigkeiten mit Kundenkontakt. Wo Mobilarbeit möglich ist, wird sie genutzt; die Unternehmen bemühen sich, die Mobilarbeits-Wünsche quer durch alle Beschäftigtengruppen zu erfüllen, wo immer das betrieblich machbar ist. Die Hauptgründe, aus denen Mobilarbeit nicht möglich ist, sind nahezu unverändert: Jeweils sieben Prozent der Beschäftigten geben an, dass dies ihre Tätigkeit nicht erlaubt, ihr Arbeitsbereich dazu keine Möglichkeit bietet oder sie selbst daran kein Interesse haben.
  • Weitergehende Flexibilisierungswünsche: Trotz weiter Verbreitung von Mobilarbeit wünschen sich viele Beschäftigte noch mehr Flexibilität bei der Verteilung ihrer Arbeitszeit, etwa Verblockungsmöglichkeiten, die Umstellung von täglicher auf wöchentliche Höchstarbeitszeit oder die Möglichkeit, im Rahmen einer 5-Tage-Woche auch an Samstagen arbeiten zu können.
  • Beginn des Hybrid-Zeitalters: Die wissensbasierten Dienstleistungen und damit insbesondere das private Bankgewerbe sind endgültig im Zeitalter hybrider Arbeitsformen angekommen. Die Zusammenarbeit im Team von verschiedenen Orten aus gehört bereits für zwei Drittel der Bankbeschäftigten mindestens gelegentlich zum Alltag, für die Hälfte ist das bereits (sehr) oft der Fall. Nach dem erheblichen Mobilarbeits-Schub der vergangenen Jahre erlebt damit das Büro eine kleine Renaissance – unter veränderten Vorzeichen als Ort insbesondere für Begegnungen, informellen Austausch und Kreativprozesse, aber auch für konzentriertes Arbeiten, sofern dies mobil nicht möglich ist.
  • Immer stärkere Differenzierung von Arbeit: Die Hybridisierung der Arbeitswelt bringt eine Vielzahl neuer Kombinationen von mobiler und stationärer Büroarbeit hervor. Damit hängen die Auswirkungen mobiler Arbeit weniger vom genauen Ausmaß ab, sondern vielmehr vom jeweiligen Flexibilitätsgrad, der Tätigkeit, dem Arbeitsbereich und dem Umfeld (Team, Führung, Unternehmenskultur). Gefragt sind deshalb immer stärker differenzierte Lösungen, mit denen Führungskräfte und Teams die vielen individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten mit den Unternehmenszielen in Einklang bringen. Bislang gelingt das auf Basis vielfältiger Erfahrungen in den Betrieben und dank verantwortungsvoller Herangehensweise gut.
  • Mobile und hybride Arbeit entlastet: Mobile und hybride Arbeitsformen wirken auf die Beschäftigten ganz überwiegend positiv und entlastend. Die häufig hybrid Arbeitenden im privaten Bankgewerbe bewerten alle wichtigen Aspekte der Arbeitsqualität überdurchschnittlich gut, insbesondere die eigene Effizienz, den Mix aus mobiler und stationärer Arbeit, die Zielerreichung und den Arbeitsfluss, aber auch wichtige Team-Indikatoren wie Erfahrungsaustausch, Besprechungskultur, Team-Organisation und Erreichbarkeit. Sogar Aspekte, die bei überwiegender Mobilarbeit während der Pandemie schwierig waren (etwa Kommunikation und Zusammenarbeit in kritischen Projektphasen oder Kreativprozessen), sind in hybriden Arbeitsstrukturen überwiegend unproblematisch. Verbesserungspotenzial gibt es vor allem bei den Anreizen für die Präsenz im Betrieb.
  • Überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit und Gesundheit: Wer mobil und hybrid arbeitet, ist überdurchschnittlich zufrieden und gesund. Insbesondere auf die psychische Verfassung der Beschäftigten wirken sich mobile und hybride Arbeitsformen positiv aus. Dabei zeigt sich eine erfreuliche Entwicklung: Erfahrene Mobilarbeitende, die bereits vor der Pandemie häufiger außerhalb des Büros gearbeitet haben, fühlten sich vor Corona überdurchschnittlich belastet; heute leiden sie sogar seltener unter Stress und Erschöpfung als die Mobilarbeits-Neulinge. Damit haben sich seit der Pandemie Arbeitsorganisation und Unternehmenskulturen offenbar so verändert, dass sie mobil und hybrid Arbeitenden ein zunehmend stressfreies Umfeld bieten.
  • Arbeitszeit nicht erhöht: Im privaten Bankgewerbe hat sich die Gesamt-Arbeitszeit trotz des sprunghaften gestiegenen Ausmaßes an Mobilarbeit in den vergangenen Jahren nicht erhöht, bei den häufig mobil und hybrid Arbeitenden ist sie sogar rückläufig. Das liegt auch daran, dass in dieser Gruppe das Ausmaß an Überstunden seit Jahren rückläufig ist. Damit gelingt die zeitliche Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben offensichtlich gut, ein Bedarf an zusätzlicher Erfassung oder Überwachung von Arbeitszeiten lässt sich daraus nicht ableiten.
  • Bessere Arbeitszeiteinteilung: Im privaten Bankgewerbe entwickelt sich bereits seit Jahren eine Unternehmenskultur, die Feierabend und Ruhezeiten zunehmend respektiert; das Ausmaß an Arbeit außerhalb üblicher Bürozeiten war zuletzt deutlich rückläufig. Das gilt insbesondere für Beschäftigte, die häufig mobil und hybrid arbeiten. Das spricht in dieser Gruppe für eine deutlich verbesserte Arbeitszeiteinteilung in einem Umfeld, das immer stärker von Vertrauen geprägt ist. Dabei akzeptieren Vorgesetzte offensichtlich häufiger die freiere Arbeitszeiteinteilung ihrer Mitarbeiter*innen, und die Beschäftigten gehen mit ihrer neu hinzugewonnenen Autonomie offenbar zunehmend verantwortungsbewusst um.
  • Erweiterte Erreichbarkeit weniger belastend: Die arbeitsbedingte erweiterte Erreichbarkeit außerhalb üblicher Bürozeiten ist bei häufig mobil und hybrid Arbeitenden zuletzt deutlich zurückgegangen. Insgesamt liegt die Erreichbarkeit in dieser Gruppe zwar etwas über dem Durchschnitt, die Mobilarbeitenden empfinden diese aber im Vergleich zu den übrigen Belegschaften als weniger belastend – offenbar, weil Erreichbarkeit für sie häufiger auch eine Ressource ist (etwa weil die Kontakte in der Freizeit selten oder gut steuerbar sind, keine Nacharbeiten erfordern oder als legitim angesehen werden).
  • Bessere Balance und Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben: Häufig mobil und hybrid Arbeitende bewerten nicht nur die Balance zwischen Beruf und Privatleben überdurchschnittlich positiv. Sie können im Vergleich zu den nicht Mobilarbeitenden auch besser abschalten und haben bei der Arbeit eher den Kopf frei von privaten Dingen. Das spricht insgesamt für eine gute Arbeitsorganisation und ein verantwortungsvolles Miteinander von Führungskräften und Beschäftigten.
  • Autonomie mit herausragender Bedeutung für die Arbeitsqualität: In der hybriden Arbeitswelt wird Autonomie endgültig zum überragenden Treiber für Arbeitszufriedenheit und Gesundheit – insbesondere, weil räumliche und zeitliche Flexibilität Hand in Hand gehen. Im privaten Bankgewerbe ist der Autonomiegrad weiter Teile der Belegschaften in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, insbesondere bei den mobil und hybrid arbeitenden Beschäftigten: Fast 90 Prozent von ihnen bewerten ihre Entscheidungsspielräume positiv, und fast zwei Drittel aller Beschäftigten können heute im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und Vorgaben (überwiegend) selbst entscheiden, ob sie von zu Hause oder im Betrieb arbeiten wollen. Das führt insgesamt zu hoher Zufriedenheit, Gesundheit und Motivation. Damit sind weniger die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsumfelds oder die Ausstattung entscheidend für die Qualität von mobiler Arbeit, sondern das Ausmaß des Flexibilitätsgewinns für die Beschäftigten.
  • Arbeitsumfeld und Unterweisung deutlich verbessert: Die mobil und hybrid Arbeitenden im privaten Bankgewerbe beurteilen ihre äußeren Arbeitsbedingungen (Licht, Lärm, Temperatur, Raumgröße, technische Ausstattung) deutlich besser als diejenigen, die nur im Büro arbeiten, und fühlen sich auch wohler am Arbeitsplatz. Das spricht nicht nur für eine deutlich verbesserte Ausstattung mobiler Arbeitsplätze, sondern nachweislich auch für eine verbesserte Unterweisung durch die Arbeitgeber, die von den Beschäftigten ganz überwiegend positiv beurteilt wird. Auch die Funktionalität der technischen Ausstattung erhält von den Beschäftigten gute Noten, sodass von „Technostress“ keine Rede sein kann.
  • Hohe Teamqualität: Mobil und hybrid Arbeitende im privaten Bankgewerbe empfinden in ihren Teams eine überdurchschnittlich hohe Kollegialität. Insbesondere häufig hybrid Arbeitende bewerten Teamgeist und Zusammenhalt seit der Pandemie stetig besser. Damit scheint das Risiko fehlender sozialer Einbindung – insbesondere mit Blick auf zunehmend hybride Arbeitsformen – insgesamt gering zu sein. Auffällig ist, dass Nicht-Mobilarbeitende die Zusammenarbeit im Team mittlerweile als unterdurchschnittlich bewerten. Das könnte mit einem veränderten Informationsfluss in hybriden Arbeitswelten zu tun haben.
  • Gute Noten und zunehmend bessere Bedingungen für Führungskräfte: Die Führung dezentral arbeitender Teams war und ist eine Herausforderung, scheint aber insgesamt zu gelingen. Denn die mobil und hybrid Arbeitenden im privaten Bankgewerbe bewerten die Arbeit ihrer Führungskräfte besser als die Nicht-Mobilarbeitenden. Allerdings ist den Führungskräften ihre Arbeit während der Pandemie schwerer gefallen als zuvor: In Corona-Zeiten mussten die Vorgesetzten zunächst den Übergang in die mobile Arbeit und danach den Übergang in hybride Arbeitsformen organisieren und gestalten – ein Prozess, der noch andauert. Es zeigt sich aber, dass der Beginn des Hybrid-Zeitalters den Führungskräften ihre Arbeit deutlich erleichtert. Die Mischung aus Führung auf Distanz und persönlichem Austausch erhöht zwar teilweise den Koordinations- und Steuerungsaufwand, vereinfacht aber angesichts wieder verstärkter persönlicher Präsenz und verbesserter Kommunikation ganz offensichtlich eine Reihe komplexer Führungsaufgaben.
  • Erhebliche Lerneffekte: Drei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie wird die Mobilarbeit erwachsen. Das liegt an erheblichen Lerneffekten: Es eignen sich nicht nur mehr Tätigkeiten und Arbeitsbereiche für Mobilarbeit als gedacht, auch die technischen Möglichkeiten und die Ausstattung bei Mobilarbeit haben sich erheblich verbessert. Und bei den meisten Beteiligten hat ein Umdenken eingesetzt: Viele Führungskräfte sind eher als vor der Pandemie bereit und in der Lage, Teams in dezentralen Strukturen zu steuern, Verantwortung abzugeben, Beschäftigten zu vertrauen und Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu respektieren. Viele Beschäftigte sind eher bereit und fähig, sich selbst zu organisieren und verstärkt Verantwortung zu übernehmen. Daraus entsteht ein flächendeckender Wandel der Arbeitskultur, der keineswegs abgeschlossen ist, sondern sich in den nächsten Jahren fortsetzen wird; das „neue Normal“ wird sich ständig weiter erneuern.
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Definition mobile und hybride Arbeit

Mobile Arbeit: außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte, aber kein Außendienst und keine Telearbeit

Es gibt bislang keine allgemeingültige Definition von mobiler Arbeit. Es kristallisiert sich aber heraus, dass darunter grundsätzlich Tätigkeiten verstanden werden, die auf Wunsch der Beschäftigten zeitweise oder regelmäßig auch (aber nicht zwingend) mit elektronischen Arbeitsmitteln ortsungebunden außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte durchgeführt werden – allerdings mit sinnvollen Ausnahmen: Tätigkeiten oder Arbeitsformen, die schon immer wegen ihrer Eigenart oder auf Anweisung des Arbeitgebers außerhalb des Betriebes zu erbringen waren, z.B. Tätigkeiten beim Kunden, im Außendienst, auf Reisen und vergleichbare Tätigkeiten, ebenso Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Telearbeit gemäß § 2 Ziff. 7 ArbStättV, gehören nicht in diesen Katalog. Dagegen ist die gelegentliche Arbeit von zu Hause eine Form der mobilen Arbeit.


Hybride Arbeit: Kombination aus stationärer und mobiler (Bildschirm-)Arbeit

Aufbauend auf die Definition von Mobilarbeit ist hybride Arbeit eine Kombination aus stationärer Arbeit im Büro/Betrieb und Arbeit außerhalb des Betriebs in Form von mobiler Arbeit bzw. Bildschirmarbeit von zu Hause und/oder an einem beliebigen anderen Ort (z.B. bei Freunden/Verwandten, in Satellitenbüros oder Coworking-Centern, auf Dienstreise) und/oder (alternierender) Telearbeit. Hybrides Arbeiten umfasst also sowohl die Arbeit an unterschiedlichen Orten als auch unter unterschiedlichen vertragsrechtlichen Bedingungen. Für die Zusammenarbeit in Teams oder Abteilungen bedeutet hybrides Arbeiten die Integration verschiedener Orte und Prozesse, an denen die Beschäftigten sowohl einzeln oder in Kleingruppen zu verschiedenen Zeiten als auch gleichzeitig im gesamten Team arbeiten können. Das reicht von der gemeinsamen virtuellen Dokumentenbearbeitung bis zu Besprechungen im Betrieb, bei denen über digitale Kanäle weitere Teilnehmende eingebunden werden, etwa per Videokonferenz, Chat oder Telefon.

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Historie und Verbreitung, Ausmaß mobiler Arbeit

Als das Büro laufen lernte

Die Möglichkeit, mindestens gelegentlich auch außerhalb des Büros arbeiten zu können, ist ein langgehegter Wunsch vieler Beschäftigter – vor allem, weil sie dadurch Zeit sparen, mehr Autonomie erhalten und damit sowohl flexibler und konzentrierter arbeiten als auch Beruf und Privatleben besser in Einklang bringen können. Einen ersten größeren Schub erlebte mobile Büroarbeit seit den 1990er-Jahren, als Notebooks breite Anwendung fanden. Mit dem Siegeszug von Smartphones und Tablets seit Beginn der 2010er-Jahre verbreitete sich mobiles Arbeiten bereits mit erhöhter Geschwindigkeit – und zündete den Turbo mit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. Heute arbeiten in Deutschland 38 Prozent der Beschäftigten mindestens gelegentlich von zu Hause, vor der Pandemie waren es gerade einmal 15 Prozent. Und in wissensbasierten Dienstleistungsbranchen wie dem Bankgewerbe arbeiten inzwischen über zwei Drittel der Beschäftigten häufiger außerhalb des Büros. Damit hat sich das Ausmaß an Mobilarbeit während der Pandemie mehr als verdoppelt. → Grafik 01

Zugleich ist Mobilarbeit mehr als nur die Arbeit in den eigenen vier Wänden. Sie findet vielfach auch an anderen Orten statt, etwa in wohn¬ortnahen Büros (Satellitenbüros des eigenen Unternehmens oder Coworking-Center), auf Dienstreisen im In- und Ausland, aber auch bei Verwandten und Freund*innen oder an Ferienorten, wenn Beschäftigte dort nicht nur ihren Urlaub verbringen, sondern nach Absprache mit ihren Arbeitgebern auch eine Arbeitsphase vorschalten oder anhängen wollen („Workation“). Rund 12 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe arbeiten teilweise auch außerhalb der häuslichen Umgebung mobil, etwa beim Kunden, auf Reisen oder in wohnortnahen Büros; über 40 Prozent arbeiten teilweise aus dem europäischen Ausland, knapp 10 Prozent auch außerhalb Europas. → Grafik 02

Entsprechend greift bei der Frage nach guter Gestaltung von Mobilarbeit eine Verengung auf Arbeit im häuslichen Umfeld schon heute zu kurz. Die Wünsche der Beschäftigten reichen längst darüber hinaus, und es ist absehbar, dass sich die Ausprägungen von Mobilarbeit weiter ausdifferenzieren werden.


Die Situation heute: ausgewogener Mix aus Mobil- und Büroarbeit dominiert, Mobilarbeits-Potenzial derzeit ausgeschöpft

Im privaten Bankgewerbe ist der Anteil derjenigen, die gelegentlich von zu Hause arbeiten, schon vor 2020 stetig gewachsen und lag bereits bei etwa einem Viertel, als die Pandemie ausbrach und sich der Anteil auf einen Schlag mehr als verdoppelte. Heute arbeiten bei den privaten Banken 67 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal pro Woche in den eigenen vier Wänden, 73 Prozent zumindest gelegentlich. → Grafik 03

Damit gehört das private Bankgewerbe zu den Branchen mit dem höchsten Mobilarbeits-Anteil. Das zeigt der Blick in aktuelle Befragungsergebnisse des Ifo-Instituts zur Verbreitung von Mobilarbeit.

Zugleich zeigen sich unter den Mobilarbeitenden innerhalb des zurückliegenden Jahres deutliche strukturelle Veränderungen hin zu mehrheitlich hybriden Arbeitsformen. Im Februar 2022 gaben noch 37 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe an, immer oder täglich von zu Hause zu arbeiten; zu Jahresbeginn 2023 waren es nur noch 17 Prozent. Dagegen ist der Anteil derjenigen, die „nur“ mehrmals in der Woche von zu Hause arbeiten, binnen Jahresfrist fast im selben Ausmaß von 21 auf 38 Prozent gestiegen und entspricht damit auch dem Anteil derer, die mehrmals in der Woche im Büro arbeiten. → Grafiken 04, 05

Damit zeigt sich: Das Büro ist keineswegs tot, es erlebt sogar eine kleine Renaissance – aber unter veränderten Vorzeichen als Ort insbesondere für Begegnungen im Team, informellen Austausch und Kreativprozesse, aber auch für konzentriertes Arbeiten, sofern dies mobil nicht möglich ist.

Auf unverändertem Niveau gegenüber dem Vorjahr bewegen sich dagegen – nach deutlichen Veränderungen in den Vorjahren – die Anteile derjenigen, die nie von zu Hause arbeiten (27 Prozent) und die immer oder täglich im Büro arbeiten (33 Prozent). Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass das Potenzial an Mobilarbeit im privaten Bankgewerbe derzeit ausgeschöpft ist und größere Veränderungen wohl erst dann wieder zu erwarten sind, wenn sich Tätigkeiten und/oder technische Möglichkeiten spürbar verändern.

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Strukturdaten: die Öffnung der Mobilarbeit

Die Erfahrungen während der Pandemie haben gezeigt, dass mobile Büroarbeit in mehr Arbeitsbereichen und Tätigkeiten möglich ist als gedacht. War Mobilarbeit vor der Pandemie vor allem eine Domäne von Beschäftigten in Zentralfunktionen, durchdringt sie inzwischen nahezu alle Arbeitsbereiche, vermehrt auch Tätigkeiten mit Kundenkontakt. → Grafik 06

Das zeigt sich auch beim Blick auf Mobilarbeits-Neulinge, also Beschäftigte, die erst seit der Pandemie mobil arbeiten. Leicht überproportionale Zuwächse zeigen sich insbesondere im Firmenkundengeschäft, im Private Banking und im Privatkundengeschäft ohne Kundenkontakt; insgesamt verteilen sich die Neulinge aber relativ gleichmäßig auf alle Arbeitsbereiche. → Grafik 07

Darüber hinaus zeigen sich allerdings deutliche strukturelle Unterschiede zwischen den Erfahrenen, die schon vor der Pandemie mobil gearbeitet haben, und den seit Corona hinzugekommenen Neulingen. Die Erfahrenen sind im Durchschnitt etwas älter, arbeiten häufiger in außertariflich bezahlten Jobs und in Führungspositionen; darüber hinaus haben sie flexiblere Arbeitszeiten und arbeiten überdurchschnittlich oft von zu Hause. Unter den Neulingen hingegen ist der Anteil an Tarifbeschäftigten und Nicht-Führungskräften höher. → Grafik 08

Damit erleben wir eine weitreichende Öffnung der Mobilarbeit: Die pandemiebedingten Veränderungen ermöglichen Mobilarbeit für mehr (Betriebs-)Jüngere, Frauen, Nicht-Führungskräfte und Tarifbeschäftigte. Die Unternehmen sind ganz offensichtlich bestrebt, möglichst vielen Arbeitnehmer*innen quer durch alle Beschäftigtengruppen ihre Wünsche nach Mobilarbeit zu erfüllen – häufig auch durch technische und organisatorische Innovationen. Dadurch entsteht insgesamt eine Nivellierung auch bei der Häufigkeit von Mobilarbeit zwischen den einzelnen Beschäftigtengruppen. Zwar ist Mobilarbeit bei höher bewerteten Tätigkeiten (und damit strukturell auch unter Männern) weiterhin etwas stärker ausgeprägt; ansonsten sind aber keine gravierenden Unterschiede feststellbar, insbesondere nicht zwischen Beschäftigten mit und ohne Führungsverantwortung. → Grafik 09

Auf der anderen Seite wird deutlich, dass sich bestimmte Tätigkeiten (weiterhin) nicht für Mobilarbeit eignen. Wo das im Bankgewerbe der Fall ist, liegt das vor allem an regulatorischen Anforderungen, Datensicherheit/Vertraulichkeit, der Aufrechterhaltung persönlicher (Beratungs-)Dienstleistungen für Kunden und der Notwendigkeit spezieller Infrastrukturen, die sich bei Mobilarbeit nicht abbilden lassen. Das betrifft insbesondere die persönliche Beratung von Privat- und Geschäftskunden, das Handelsgeschäft, Backoffice-Tätigkeiten mit Schwerpunkt (Kredit-)Sachbearbeitung, Wertpapierabwicklung/-verwahrung und Dokumentenverarbeitung. → Grafik 10

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Wunsch nach Mobilarbeit, Hinderungsgründe: laufender Annäherungsprozess

Der Wunsch nach mobiler Büroarbeit war bereits vor der Corona-Pandemie stark ausgeprägt: Damals wollten im privaten Bankgewerbe mehr als zwei Drittel der Beschäftigten gerne mindestens einmal in der Woche von zu Hause arbeiten – aber nur für ein Viertel ging dieser Wunsch in Erfüllung. Heute liegen sowohl Wunsch als auch Wirklichkeit auf einem höheren Niveau und – relativ betrachtet – deutlich näher beieinander: 87 Prozent möchten und 67 Prozent können mindestens einmal wöchentlich von zu Hause arbeiten. → Grafik 11

Ein Drittel der Bankbeschäftigten würde gerne immer oder täglich von zu Hause arbeiten, knapp 40 Prozent wünscht sich das mehrmals in der Woche, etwa 20 Prozent seltener und 7 Prozent gar nicht. An dieser Struktur hat sich zuletzt wenig geändert, wie der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt – wohl aber an der Realität, die eine deutliche Verschiebung hin zu hybriden Arbeitsformen zeigt. Das führt zu Veränderungen insbesondere bei denjenigen, die besonders häufig (immer oder täglich) mobil arbeiten möchten: Ihre Wünsche wurden 2022 – offensichtlich auch aus Pandemiegründen – noch übererfüllt. Mit der Etablierung hybrider Arbeitsformen hat sich das Ausmaß an besonders häufiger Mobilarbeit jedoch innerhalb nur eines Jahres halbiert und deckt den Wunsch nach dieser Ausprägung nicht mehr vollständig ab. Umgekehrt hat sich aber das Ausmaß an hybrider Arbeit auf dem Niveau eingependelt, das sich die Beschäftigten wünschen.

Beide Entwicklungen zeigen, dass sich Unternehmen und Beschäftigte mitten in einem Annäherungsprozess befinden, in dem Wünsche, betriebliche Notwendigkeiten und Möglichkeiten austariert werden. Angesichts der zuletzt deutlichen Veränderungen ist anzunehmen, dass dieser Prozess noch nicht beendet ist – zumal sich die Unternehmen erkennbar bemühen, Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte für immer mehr Tätigkeiten und Konstellationen zu ermöglichen.

Zugleich zeigt sich aber auch, dass das Potenzial an Tätigkeiten und Arbeitsbereichen, die sich für Mobilarbeit eignen, zurzeit weitgehend ausgeschöpft ist – ablesbar daran, dass wie im Vorjahr ein gutes Viertel der Beschäftigten (27 Prozent) nicht von zu Hause arbeitet. Das liegt in erster Linie daran, dass dies in der Tätigkeit oder im Arbeitsbereich nicht möglich ist; auch hier zeigt sich gegenüber dem Vorjahr ein unverändertes Ausmaß. Aber immerhin ein Viertel derjenigen, die nicht mobil arbeiten (das entspricht sieben Prozent aller Beschäftigten), gibt auch an, gar kein Interesse an Arbeit im häuslichen Umfeld zu haben. Dabei gibt es offensichtlich einen Zusammenhang mit der Länge des Arbeitsweges: Die Nicht-Interessierten haben einen signifikant kürzeren Weg ins Büro als die übrigen Belegschaften (durchschnittlich 54 gegenüber 71 Minuten). Als Hinderungsgrund nahezu unbedeutend geworden ist wiederum eine unzureichende technische Infrastruktur bei Mobilarbeit; nur drei Prozent der nicht mobil Arbeitenden gibt dies als Ursache an. Das lässt auf flächendeckend verbesserte Ausstattung für die Arbeit außerhalb des Betriebs schließen. → Grafik 12

Darüber hinaus zeigt sich nicht nur bei der Wahl des Arbeitsorts eine hohe Dynamik. Denn trotz weiter Verbreitung mobiler und hybrider Arbeitsformen wünschen sich viele Beschäftigte noch mehr Flexibilität bei der Verteilung ihrer Arbeitszeit. Das betrifft beispielsweise die aktuell viel diskutierte Möglichkeit, die unveränderte Wochenarbeitszeit auf vier Tage in der Woche verteilen zu können. Eine solche Verblockung ist für 15 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe bereits möglich, für ein weiteres knappes Drittel wäre diese Möglichkeit sehr wichtig, und ein weiteres Drittel hielte das zumindest für hilfreich. → Grafik 13

Allerdings wirft ein solches Modell verschiedene Fragen auf – etwa, ob die Beschäftigten bei einer Viertagewoche tendenziell ihre Arbeitszeit verringern würden, was eine erhebliche Verschärfung des herrschenden Arbeits- und Fachkräftemangels zur Folge hätte. Auch stellt sich die Frage, wie sich bei unveränderter Arbeitszeit eine dauerhafte Verblockung auf Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Effizienz auswirken würde – und ob der Wunsch nach einer Viertagewoche nicht eher auf eine gelegentliche Verblockungsmöglichkeit abzielt. Die Debatte zeigt jedoch, dass offenbar ein grundlegender Wunsch nach weitergehender Flexibilisierung und nach mehr Freizeitqualität besteht.

Das zeigt sich auch an anderen Indikatoren. So sehen etwa drei Viertel der Beschäftigten eine Umstellung von täglicher auf wöchentliche Höchstarbeitszeit positiv, wie dies bereits in den meisten europäischen Ländern außerhalb Deutschlands möglich ist. Und immerhin ein Drittel der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe befürwortet die Möglichkeit, im Rahmen einer 5-Tage-Woche auch an Samstagen arbeiten zu können.

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Vor- und Nachteile von Mobilarbeit: Erkenntnisse der Pandemiejahre

Während der Pandemiejahre wurde Mobilarbeit aus Gründen des Infektionsschutzes vielfach vom Arbeitgeber angeordnet, Büroarbeit und mobile Arbeit standen sich sehr monolithisch gegenüber – und ließen sich in dieser Situation sehr gut miteinander vergleichen. Der AGV Banken hat deshalb in den Pandemiejahren 2021 und 2022 die Beschäftigten danach gefragt, welche Vor- und Nachteile mobiles Arbeiten gegenüber der stationären Arbeit im Büro hat. Diese Frage lässt sich heute angesichts der deutlichen Verschiebung zu hybridem Arbeiten nicht mehr in dieser Form stellen. Die Befragungsergebnisse aus den Jahren 2021 und 2022 liefern aber wertvolle Erkenntnisse über die Unterschiede zwischen mobiler Arbeit und klassischer Büroarbeit; sie sind deshalb sinnvollerweise Bestandteil dieser Studie.

Die Kernaussage der zurückliegenden Befragungen lautet: Mobile Arbeit wirkt ganz überwiegend positiv und entlastend. Die Beschäftigten bewerteten die wichtigsten Arbeitsaspekte bei mobiler Arbeit (erheblich) besser als bei der stationären Arbeit im Büro, insbesondere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Flexibilität, Effizienz und Entscheidungsspielräume. Aber auch sämtliche Belastungsfaktoren, Zielsetzung und Führungsarbeit wurden zuletzt bei Mobilarbeit überwiegend besser bewertet als bei klassischer Büroarbeit. Zugleich zeigte sich, dass die Zusammenarbeit in kritischen Projektphasen, Führung, Kreativprozesse und der informelle Austausch bei mobiler Arbeit schwieriger zu bewerkstelligen waren. → Grafiken 14, 15, 16

Auffällig war, dass es 2022 gegenüber dem Vorjahr bei allen Aspekten noch einmal (teilweise deutliche) Verbesserungen gab, insbesondere bei der Autonomie der Beschäftigten, aber auch bei der Reduktion von Belastungsfaktoren. Das spricht für deutliche Lerneffekte aller Beteiligten bereits während der Pandemie.

Eine ähnliche Entwicklung ist bei den Führungskräften zu beobachten; nähere Informationen dazu finden Sie im Abschnitt „Führung“.

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Ausmaß und Qualität hybrider Arbeit: deutlicher Anstieg, ganz überwiegend positive Bewertung

Die wissensbasierten Dienstleistungen und damit insbesondere das Bankgewerbe sind endgültig im Zeitalter hybrider Arbeitsformen angekommen. Zu Jahresbeginn 2023 arbeitete bereits die Hälfte der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe sehr oft oder oft in einem hybriden Arbeitsumfeld, zwei Drittel mindestens gelegentlich und drei Viertel zumindest selten. Lediglich ein Viertel bewegt sich gar nicht in einem Umfeld mit verschiedenen Arbeitsorten. → Grafik 17

Die erstmals gestellte Frage, wie die Beschäftigten die Arbeit im hybriden Umfeld auf einer Skala von „ausgezeichnet“ bis „schlecht“ bewerten, lässt sich zusammenfassend eindeutig beantworten: Sie bewerten alle wichtigen Arbeits-Aspekte weit überwiegend positiv. Beeindruckende 90 Prozent der Beschäftigten beurteilen die Effizienz der eigenen Arbeit als ausgezeichnet, sehr gut oder gut. 87 Prozent sind mit der Mischung aus Mobilarbeit und Arbeit im Büro zufrieden, fast ebenso viele mit der Zielerreichung im Team und dem Arbeitsfluss. Wichtige weitere Team-Indikatoren werden zu über 80 Prozent positiv bewertet, etwa der Wissens- und Erfahrungsaustausch und die Besprechungskultur. Auch die Team-Organisation inklusive der Organisation von (Nicht-)Erreichbarkeit und Reaktionszeiten funktioniert im hybriden Umfeld offensichtlich sehr gut. → Grafik 18

Sogar Aspekte, die beim Vergleich von mobiler und stationärer Büroarbeit als eher schwierig eingestuft wurden (s. voriger Abschnitt), sind in hybriden Arbeitsstrukturen nur für die wenigsten Beschäftigten problematisch – etwa Kommunikation und Informationsfluss (79 Prozent positive Bewertungen), die Zusammenarbeit in kritischen Arbeits- und Projektphasen (77 Prozent) und die Zusammenarbeit in kreativen Arbeitsprozessen (74 Prozent). → Grafik 19

Das hat offensichtlich auch mit Anstrengungen der Unternehmen zu tun: Mehr als zwei Drittel der Bankbeschäftigten fühlen sich vom Arbeitgeber bei Selbstorganisation und Zeitmanagement sowie in der Arbeitsorganisation (etwa durch Schulungen) gut unterstützt.

Weit überwiegend positiv (zwei Drittel), aber mit Optimierungspotenzial bewerten die Beschäftigten Schulungen durch den Arbeitgeber und störungsfreie Arbeit. Das größte Verbesserungspotenzial gibt es bei den Anreizen für die Präsenz im Betrieb. Zwar bewertet diese ebenfalls eine Mehrheit (56 Prozent) positiv, aber immerhin 42 Prozent der Beschäftigten halten sie lediglich für annehmbar oder schlecht. An diesem Indikator zeigt sich, dass der Wechsel in die hybride Arbeitswelt erst am Anfang steht und Arbeitsorganisation grundlegend neu gedacht werden muss.

Arbeitszufriedenheit und Gesundheit: bei mobil und hybrid Arbeitenden überdurchschnittlich

Die Arbeitszufriedenheit im privaten Bankgewerbe bewegt sich seit vielen Jahren auf einem hohen Niveau: Regelmäßig sind deutlich über 80 Prozent der Beschäftigten mit ihrer Arbeit äußerst zufrieden, sehr zufrieden oder zufrieden. Daran haben auch die Pandemiejahre nichts geändert. Allerdings gab es zuletzt deutlichere Schwankungen. So stieg die Zufriedenheit trotz erheblicher Belastungen auf dem Höhepunkt der Pandemie im Winter 2020/2021 sogar noch an, weil eine „Wir schaffen das“-Mentalität mit hoher Motivation entstand. Dagegen machte sich Anfang 2022 nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen eine gewisse Erschöpfung breit, die Zufriedenheit sank leicht auf weiterhin hohem Niveau. Mit Normalisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse Anfang 2023 ist wiederum auch die Arbeitszufriedenheit erneut gestiegen und erreicht mit 84 Prozent positiven Bewertungen wieder das Niveau vor der Pandemie.

Dabei zeigt sich: Wer mobil und hybrid arbeitet, ist überdurchschnittlich zufrieden – ein Phänomen, das bereits in den zurückliegenden Jahren über alle Branchen hinweg zu beobachten war. So kam ein Forschungsbericht zu Verbreitung und Auswirkungen von mobiler Arbeit und Homeoffice des Bundesarbeitsministeriums bereits zu Pandemiebeginn im Oktober 2020 zu dem Ergebnis: „Im Gesamtbild überwiegen positive Erfahrungen […] mit mobiler Arbeit und Homeoffice ziemlich deutlich die […] negativen Erfahrungen“ (S. 41). Daran hat sich im privaten Bankgewerbe seither nichts geändert; heute gilt das insbesondere für diejenigen, die häufig hybrid arbeiten (von ihnen sind 88 Prozent mit ihrer Arbeit zufrieden), und für Beschäftigte, die immer oder täglich von zu Hause arbeiten (87 Prozent); dagegen trifft dies nur auf 79 Prozent der Nicht-Mobilarbeitenden zu. → Grafik 20

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Gesundheitsempfinden der Beschäftigten: Auch hier bewerten seit vielen Jahren konstant vier von fünf Beschäftigten im privaten Bankgewerbe ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet, sehr gut oder gut – und auch hier stechen die mobil und hybrid Arbeitenden positiv heraus. → Grafik 21

Das gilt in noch stärkerem Maß für die psychische Verfassung, die sich innerhalb eines Jahres insgesamt auf hohem Niveau verbessert hat. Hier geht es denjenigen am besten, die häufig hybrid arbeiten: 85 Prozent von ihnen fühlen sich psychisch fit; das sind vier Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt aller Beschäftigten und sogar elf Prozentpunkte mehr als bei den Nicht-Mobilarbeitenden. → Grafik 22  

Damit ergeben sich keinerlei Hinweise, dass zunehmende Mobilarbeit die psychische Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigt – sie wirkt im Gegenteil gesundheitsförderlich.

Das unterstreichen auch die Ergebnisse zu bestimmten Gesundheitsbeschwerden, die essenziell für die psychische Gesundheit sind. Vergleicht man die Häufigkeit von Stress, Erschöpfung und Überforderung seit Anfang 2020 (vor der Pandemie) bis heute, dann ergibt sich bei allen drei Beschwerden dasselbe Muster: Vor Corona waren sie bei mobil und hybrid arbeitenden Beschäftigten deutlich überdurchschnittlich ausgeprägt, heute liegen sie in diesen Gruppen jeweils unter dem Durchschnitt – während Beschäftigte, die nicht mobil arbeiten, davon inzwischen überdurchschnittlich häufig betroffen sind. → Grafik 23  

Entsprechend hat sich auch das absolute Niveau des Stressempfindens in den verschiedenen Gruppen entwickelt: Bei häufig mobil oder hybrid Arbeitenden liegt es heute erheblich niedriger als vor der Pandemie, während es sich bei den Nicht-Mobilarbeitenden erhöht hat. → Grafik 24

 

Nun ließe sich vermuten, dass diese Umkehr mit der veränderten Struktur der Mobilarbeitenden zusammenhängt; mögliche These: Die Gruppe der (überdurchschnittlich gestressten) Mobilarbeitenden vor der Pandemie könnte erweitert worden sein durch viele weniger gestresste Mobilarbeits-Neulinge. Doch diese Annahme erweist sich als falsch: Tatsächlich leiden die Neulinge häufiger unter Stress und Erschöpfung als die erfahrenen Mobilarbeitenden, wie die aktuelle Erhebung vom Februar 2023 belegt. Das wiederum spricht dafür, dass sich stattdessen seit der Pandemie Arbeitsorganisation und Unternehmenskulturen so verändert haben, dass sie den erfahrenen mobil und hybrid Arbeitenden ein zunehmend stressfreies Arbeitsumfeld bieten.

Das zeigt sich auch beim Vergleich der Arbeit von zu Hause und in den Büroräumen der Arbeitgeber. Schon in den vergangenen Jahren hatte eine große Mehrheit der Mobilarbeitenden angegeben, dass die Arbeit von zu Hause für sie insgesamt weniger Stress bedeutet als die Arbeit im Büro/Betrieb; Anfang 2022 waren es bereits über zwei Drittel (68 Prozent). Dieser hohe Wert wurde Anfang 2023 noch einmal übertroffen und liegt mittlerweile bei 72 Prozent; dagegen antworten lediglich 9 Prozent, dass dies bei ihnen nicht der Fall ist. → Grafik 25  

Die größte Stressreduktion durch Arbeit im häuslichen Umfeld empfinden diejenigen, die immer oder täglich von zu Hause arbeiten, sowie Beschäftigte, die keine Führungsverantwortung haben. Dagegen fühlen sich Führungskräfte, aber auch Beschäftigte mit Kinderbetreuungs-Verpflichtungen durch Arbeit von zu Hause etwas geringer entlastet als der Durchschnitt.

Aufschlussreich sind auch die Ergebnisse zum Ausmaß von Präsentismus (Arbeit trotz Krankheit). Dieses Phänomen ist unter Mobilarbeitenden deutlich schwächer ausgeprägt als bei den Beschäftigten, die nicht mobil arbeiten (können) – und bei Mobilarbeits-Erfahrenen etwas geringer als bei Mobilarbeits-Neulingen. Ausschlaggebend für überdurchschnittlichen Präsentismus sind – wie bereits seit Jahren – andere Gründe, etwa geringe Entscheidungsspielräume bei der Arbeit oder auch private Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen. Hier scheint das täglich zu bewältigende Pensum an Erwerbs- und Familienarbeit häufigeren Präsentismus zu begünstigen.

→ Grafik 26

Arbeitszeit und Erreichbarkeit

Keine Ausweitung der Arbeitszeit und verbesserte Einteilung bei Mobilarbeit

Im Zusammenhang mit Mobilarbeit ist gelegentlich zu hören, sie führe tendenziell zu einer Ausweitung der Arbeitszeit, etwa wegen fehlender sozialer Kontrolle und weil Beschäftigte sich häufiger selbst überfordern könnten („interessierte Selbstgefährdung“), wenn sie sich ihre Arbeitszeit freier einteilen können. Die aktuellen Zahlen im privaten Bankgewerbe sprechen allerdings eine andere Sprache. Zum einen hat sich die Gesamt-Arbeitszeit in der Branche trotz des sprunghaft gestiegenen Ausmaßes an Mobilarbeit in den vergangenen Jahren nicht erhöht. Zwar stieg das Arbeitsvolumen 2021 auf dem Höhepunkt der Pandemie moderat an, es hat inzwischen aber wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Vor allem jedoch ist die Gesamt-Arbeitszeit bei häufig mobil oder hybrid Arbeitenden seit Ausbruch der Pandemie bis heute sogar rückläufig. → Grafik 27

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der „gefühlten“ Arbeitszeit. Anfang 2023 gaben 45 Prozent der Mobilarbeitenden im privaten Bankgewerbe an, sie kämen beim Arbeiten von zu Hause (eher) auf eine höhere Arbeitszeit als im Büro/Betrieb; das sind sechs Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. 29 Prozent sagten, dies treffe (eher) nicht zu, zwei Prozentpunkte weniger als ein Jahr zuvor. → Grafik 28

Allerdings sagen diese Zahlen nichts über das Ausmaß der empfundenen höheren Arbeitszeit aus – und das scheint sehr gering zu sein. Dafür spricht nicht nur die in den vergangenen Jahren weitgehend unveränderte Gesamt-Arbeitszeit über alle Beschäftigten hinweg. Auch bei den Mobilarbeitenden, deren Arbeitszeit noch vor Jahren deutlich über dem Durchschnitt lag, nähert sich die tatsächliche Gesamtarbeitszeit (inklusive Überstunden) seit Jahren der durchschnittlichen Arbeitszeit immer weiter an. → Grafik 29

Das liegt auch daran, dass bei häufig mobil und hybrid Arbeitenden sowohl die Häufigkeit als auch das Ausmaß an Überstunden geringer ausfallen als im Durchschnitt und das Volumen an Überstunden in diesen Gruppen sogar seit Jahren rückläufig ist. → Grafiken 30, 31

Insgesamt zeigt sich damit, dass die zeitliche Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben bei Mobilarbeit im privaten Bankgewerbe offensichtlich gut gelingt; aus den Befunden lässt sich kein Bedarf an zusätzlicher Erfassung oder Überwachung von Arbeitszeiten ableiten.

Beim Blick auf die Arbeitszeitmodelle zeigen sich zwei klare Tendenzen: Der Anteil an Beschäftigten mit festen Arbeitszeiten sinkt seit Jahren. Und je häufiger Beschäftigte mobil arbeiten, desto flexibler können sie sich auch ihre Arbeitszeit einteilen; erhöhte räumliche und zeitliche Flexibilität gehen Hand in Hand. Über die Hälfte derjenigen, die häufig hybrid oder besonders häufig mobil arbeiten, haben hoch flexible Arbeitszeitmodelle (Vertrauensarbeitszeit oder Gleitzeit ohne feste Kernarbeitszeit) – mehr als doppelt so viele wie in der Gruppe der nicht Mobilarbeitenden. → Grafik 32

Gleichzeitig empfinden die (häufig) mobil und hybrid Arbeitenden ihre Arbeitszeiten als besonders passend, um die 90 Prozent der Beschäftigten in dieser Gruppe sind mit ihren Arbeitszeitregelungen zufrieden – während es bei den nicht mobil Arbeitenden nur 75 Prozent sind. → Grafik 33  

Parallel entwickelt sich bereits seit Jahren eine Unternehmenskultur, die Feierabend und Ruhezeiten zunehmend respektiert. Im privaten Bankgewerbe hat sich das Ausmaß an Arbeit werktags zwischen 18 und 20 Uhr in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel verringert, und auch das ohnehin geringe Ausmaß an Wochenendarbeit – häufigere Samstagsarbeit betrifft derzeit nur 8 Prozent, Sonntagsarbeit nur 3 Prozent der Bankbeschäftigten – war zuletzt ebenfalls deutlich rückläufig. → Grafik 34

Das gilt insbesondere für Beschäftigte, die häufig mobil oder hybrid arbeiten. Vor der Pandemie war Arbeit zu unüblichen Zeiten in dieser Gruppe noch stark ausgeprägt, inzwischen bewegt sie sich auf Normalmaß. → Grafiken 35, 36  

Diese Befunde sprechen insgesamt für eine deutlich verbesserte Arbeitszeiteinteilung bei Mobilarbeit in einem Umfeld, das zwangsläufig immer stärker von Vertrauen geprägt ist. Dabei akzeptieren Vorgesetzte offensichtlich zunehmend die freiere Arbeitszeiteinteilung ihrer Mitarbeiter*innen, und die Beschäftigten gehen mit ihrer neu hinzugewonnen Autonomie offenbar zunehmend verantwortungsbewusst um.

Branchenübergreifende Studien bestätigen dies. Schon in der ersten Phase der Pandemie (Oktober 2020) kam der Forschungsbericht zu Verbreitung und Auswirkungen von mobiler Arbeit und Homeoffice des Bundesarbeitsministeriums zu dem Ergebnis: „Trotz der weitgehenden Umstellung auf Homeoffice arbeitet die große Mehrheit der Beschäftigten im Homeoffice nicht zu anderen Zeiten als in der Zeit vor Corona.“ (S. 108). Zwar stellt der Bericht fest, dass Beschäftigte mit Betreuungsverpflichtungen (Kinder oder Angehörige) überdurchschnittlich häufig zu anderen Zeiten arbeiten als vor der Pandemie, liefert dazu jedoch auch die Interpretation, Mobilarbeit verschaffe dieser Gruppe  zusätzliche zeitliche Flexibilität, um Arbeit und Betreuungsaufgaben miteinander zu verbinden.


Erweiterte Erreichbarkeit: bei Mobilarbeit häufiger Ressource als Belastung

Das Thema erweiterte Erreichbarkeit stand schon vor der Corona-Pandemie im Fokus des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, insbesondere mit der massenhaften Verbreitung von Smartphones und Tablets seit Anfang der 2010er-Jahre. Seitdem besteht technisch die Möglichkeit, immer und überall erreichbar zu sein – zumindest theoretisch. In der Praxis zeigte sich jedoch sehr schnell, dass Unternehmen und Beschäftigte diese Möglichkeiten zunehmend verantwortungsvoll nutzen und von ständiger Erreichbarkeit (also rund um die Uhr) keine Rede sein kann, sondern von erweiterter Erreichbarkeit in verschiedenen Ausprägungen – und mit unterschiedlichen Auswirkungen.

Im privaten Bankgewerbe war das Ausmaß an erweiterter Erreichbarkeit seit Mitte der 2010er-Jahre bis ins erste Pandemiejahr hinein tendenziell rückläufig und bewegte sich in etwa auf dem Niveau der Gesamtwirtschaft: 2021 waren knapp 21 Prozent der Bankbeschäftigten (sehr) häufig erreichbar; über alle Branchen hinweg gaben 22 Prozent der Beschäftigten an, dass sie auch in ihrem Privatleben für dienstliche Belange erreichbar sind, wie die Arbeitszeitbefragung 2021 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt (S. 93 ff.).

In den vergangenen beiden Jahren ist die arbeitsbedingte Erreichbarkeit im privaten Bankgewerbe insgesamt leicht gestiegen – allerdings gerade nicht bei mobil und hybrid Arbeitenden (hier zeigt sich sogar ein deutlicher Rückgang), sondern interessanterweise unter den nicht mobil Arbeitenden, bei denen sich sogar (ausgehend von einem niedrigen Niveau) ein erheblicher Anstieg zeigt. → Grafik 37  

Die Ursachen dieser Entwicklung sind noch nicht unmittelbar ersichtlich und bedürfen in den nächsten Jahren einer vertieften Betrachtung. Fest steht hingegen, dass sich der Umgang mit Erreichbarkeit bei mobil und hybrid Arbeitenden derzeit auf einem Niveau einpendelt, das zu diesem Aspekt keinen Handlungsbedarf auslöst.

Zwar sind mobil und hybrid Arbeitende insgesamt immer noch etwas häufiger erreichbar als der Durchschnitt der Beschäftigten, insbesondere diejenigen, die immer oder täglich von zu Hause arbeiten. Das überrascht nicht, denn mobile und hybride Arbeitsformen erfordern angesichts des eingeschränkten informellen Austausches einen etwas höheren Abstimmungsbedarf – und das offenbar auch außerhalb üblicher Arbeitszeiten. → Grafik 38

Allerdings empfinden die Mobilarbeitenden die erhöhte Erreichbarkeit als weniger belastend. Ohnehin ist festzustellen, dass sich die große Mehrheit der gesamten Belegschaften im privaten Bankgewerbe – deutlich über 70 Prozent – durch Erreichbarkeit überhaupt nicht belastet fühlt. Innerhalb der Gruppe der Erreichbaren wiederum fühlen sich 62 Prozent durch Kontakt per E-Mail außerhalb üblicher Bürozeiten nicht belastet, bei häufig hybrid Arbeitenden sind es schon 68 und bei immer oder täglich mobil Arbeitenden sogar 72 Prozent. Eine ähnliche Struktur zeigt sich bei Kontakten per Telefon. → Grafik 39

Das dürfte daran liegen, dass mobil Arbeitende die erweiterte Erreichbarkeit überdurchschnittlich häufig auch als Ressource empfinden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Kontakte außerhalb üblicher Arbeitszeiten selten vorkommen, gut steuerbar und vorhersehbar sind, Vorteile bringen (etwa Wertschätzung bei der Unterstützung von Kolleg*innen oder eigene Entlastung), keine aufwändige Nacharbeiten nötig sind oder Kontaktaufnahmen als unabdingbar (und damit als legitim) angesehen werden. All diese Faktoren tragen nachweislich dazu bei, dass Erreichbarkeit auch als Ressource und nicht nur als Belastung empfunden wird; zu diesen Ergebnissen kommt der AGV Banken in einer 2018 veröffentlichten Studie zu erweiterter Erreichbarkeit, ebenso arbeitswissenschaftliche Forschung, deren Erkenntnisse sich gebündelt in einem Leitfaden der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) zu erweiterter Erreichbarkeit finden.

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: deutlich bessere Balance bei mobiler Arbeit

Die gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hat im privaten Bankgewerbe einen hohen Stellenwert. Drei Viertel der Beschäftigten bewerten die Vereinbarkeit positiv, die Werte bewegen sich seit Jahren auf einem stabil hohen Niveau. Angesichts der deutlich erhöhten örtlichen und zeitlichen Flexibilität bei Mobilarbeit überrascht es nicht, dass häufig mobil und hybrid Arbeitende die Balance zwischen Beruf und Privatleben überdurchschnittlich positiv bewerten; unter denjenigen, die immer/täglich mobil arbeiten, sind es sogar 83 Prozent – das sind fast 20 Prozentpunkte mehr als in der Gruppe der nicht mobil Arbeitenden. → Grafik 40

Zwar empfanden die häufig mobil und hybrid Arbeitenden die Vereinbarkeit vor der Pandemie noch etwas besser als zurzeit, sie bewerten die Balance zwischen Beruf und Privatleben aber weiterhin signifikant positiver als die nicht mobil Arbeitenden. Darüber hinaus gelingt mobil und hybrid Arbeitenden die Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben überdurchschnittlich gut: Sie können im Vergleich zu den nicht mobil Arbeitenden besser abschalten und haben während der Arbeit eher den Kopf frei von privaten Dingen – weil sie sowohl berufliche Probleme deutlich besser aus dem Privatleben als auch private Probleme besser aus dem Berufsleben heraushalten können. → Grafik 41  Das spricht insgesamt für eine gute Arbeitsorganisation und für ein verantwortungsvolles Miteinander von Führungskräften und Beschäftigten.

Entscheidungsspielräume: Autonomie mit herausragender Bedeutung für Qualität mobiler und hybrider Arbeit

Die arbeitswissenschaftliche Forschung zeigt, dass Handlungs- und Entscheidungsspielräume die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit der Beschäftigten positiv beeinflussen. Im privaten Bankgewerbe belegen das die wichtigsten Indikatoren zu Arbeitszufriedenheit und Gesundheit: Beschäftigte mit sehr hoher Selbstständigkeit und Eigenverantwortung sind nicht nur weit überdurchschnittlich zufrieden mit ihrer Arbeit und ihrer Arbeitszeit (jeweils deutlich über 90 Prozent) sowie der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (84 Prozent). Neun von zehn Beschäftigten in dieser Gruppe bewerten auch ihren (psychischen) Gesundheitszustand positiv. In der kleinen Gruppe mit geringen Entscheidungsspielräumen (Anteil: 19 Prozent) ist es genau umgekehrt: Hier sind maximal 60 Prozent mit den vorgenannten Aspekten zufrieden. → Grafik 42  

Zugleich zeigt sich, dass hohe Autonomie keinesfalls mit erhöhter Arbeitszeit oder stärkerer Belastung durch Erreichbarkeit einhergeht – im Gegenteil: Im privaten Bankgewerbe machen Beschäftigte mit hohen Entscheidungsspielräumen weniger Überstunden als im Durchschnitt der Belegschaften, sie arbeiten seltener nach Feierabend und fühlen sich durch Kontakte außerhalb üblicher Arbeitszeiten weniger belastet. → Grafik 43  

Das gilt für mobil und hybrid Arbeitende in besonderer Weise: Sie haben eine deutlich überdurchschnittliche Autonomie bei der Wahl ihres Arbeitsortes und bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit. Bereits über alle Beschäftigten hinweg bewerten im privaten Bankgewerbe 82 Prozent ihre Entscheidungsspielräume positiv. Dieser hohe Wert steigt noch einmal deutlich mit zunehmendem Ausmaß an Mobilarbeit, bei häufig hybrid und immer/täglich mobil Arbeitenden liegt er um weitere 4 bzw. 6 Prozentpunkte höher. Damit gewinnt Autonomie eine herausragende Bedeutung für die Qualität mobiler und hybrider Arbeit. Umgekehrt bewerten nur 75 Prozent der nicht Mobilarbeitenden ihre Selbstständigkeit und Eigenverantwortung im Job positiv – ein immer noch hoher Wert, der aber deutlich hinter dem bei mobiler Arbeit zurückbleibt. → Grafik 44

Besonders sichtbar wird der Wandel der Arbeitswelt beim Blick auf die Frage, ob die mobil und hybrid arbeitenden Beschäftigten selbst über ihren Arbeitsort entscheiden können. Hier ist allein in den zurückliegenden beiden Jahren eine deutliche Veränderung zu beobachten: Aktuell können über 62 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und Vorgaben (überwiegend) selbst entscheiden, ob sie von zu Hause oder im Büro/Betrieb arbeiten; vor einem Jahr waren es noch 4 und vor zwei Jahren noch 10 Prozentpunkte weniger.

Dabei zeigt sich: Je höher das Ausmaß an Mobilarbeit, desto autonomer können die Beschäftigten über ihren Arbeitsort entscheiden; bei häufig hybrid Arbeitenden sind es 69 Prozent. Auch Beschäftigte in höherwertigen Tätigkeiten (Führungskräfte und außertariflich vergütete Mitarbeiter*innen) können etwas überdurchschnittlich häufig selbst über ihren Arbeitsort entscheiden (jeweils rund zwei Drittel). Allerdings haben andere Beschäftigtengruppen im Vergleich zum Vorjahr deutlich aufgeholt: Vor einem Jahr konnten erst 50 Prozent der mobil arbeitenden Tarifangestellten ihren Arbeitsort selbst wählen, heute sind es 60 Prozent; bei den Nicht-Führungskräften hat sich dieser Wert binnen Jahresfrist von 54 auf 60 Prozent erhöht. → Grafik 45

Insgesamt ist damit der Autonomiegrad weiter Teile der Belegschaften in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen – ohne dass dies als belastend empfunden wird, wie die überdurchschnittlich hohen Zufriedenheitswerte zeigen. Die meisten, die heute mobil und hybrid arbeiten, übernehmen damit mehr Eigenverantwortung und sind dazu auch zunehmend in der Lage – weil sie offensichtlich hinzulernen: Die Selbstorganisation beim Arbeiten von zu Hause fällt den betroffenen Beschäftigten immer leichter, 80 Prozent bereitet sie inzwischen keine oder nur geringe Schwierigkeiten, das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als in den Vorjahren. Umgekehrt geben nur 11 Prozent an, ihnen falle die Selbstorganisation schwer. → Grafik 46  

Beim Blick auf verschiedene Beschäftigtengruppen fällt auf, dass es Eltern und Führungskräften etwas schwerer fällt, sich bei mobiler Arbeit selbst zu organisieren; den einen, weil sie bei der Arbeit von zu Hause parallel Betreuungspflichten haben, den anderen, weil sie nicht nur sich, sondern auch hybrid arbeitende Teams organisieren müssen. Allerdings zeigt sich auch hier eine positive Entwicklung: Ein Jahr zuvor fiel die Selbstorganisation noch 20 Prozent der Führungskräfte (eher) schwer, heute sind es nur noch 17 Prozent; bei den Eltern ging dieser Wert von 27 auf 20 Prozent zurück. Insgesamt kann sich in allen Gruppen die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten bei Mobilarbeit gut und immer besser selbst organisieren. → Grafik 47

Das liegt sicher zu einem Gutteil am „learning by doing“, das insbesondere während der Pandemie unerlässlich war und aus Neulingen vielfach Mobilarbeits-Profis gemacht hat. Aber auch die Unterstützung und Unterweisung durch die Arbeitgeber für gute und gesundheitsgerechte Mobilarbeit wird heute deutlich stärker wahrgenommen und positiver bewertet als in den Vorjahren. So fühlen sich aktuell 69 Prozent der Beschäftigten, die in einem hybriden Umfeld arbeiten, durch ihre Arbeitgeber bei Selbstorganisation und Zeitmanagement (sehr) gut unterstützt. Und fast ebenso viele (66 Prozent) geben an, dass sie sich von ihren Arbeitgebern bei der Arbeitsorganisation in einem hybriden Umfeld gut unterstützt fühlen. → Grafiken 48, 49  Das spricht dafür, dass die Arbeitgeber ihre Anstrengungen deutlich erhöht haben, um ihren Beschäftigten die erforderlichen Kompetenzen für gut gestaltete Mobilarbeit zu vermitteln.

In diesem Umfeld gedeihen offenbar auch neue Ideen besser als früher. Denn die erhöhte Autonomie der Beschäftigten beschränkt sich nicht nur auf Arbeitsort, Arbeitszeit und Selbstorganisation. Häufig mobil und hybrid Arbeitende empfinden auch eine überdurchschnittlich hohe Freiheit, innovative Wege auszuprobieren. Damit scheint aus der Not der Pandemiejahre eine Tugend zu werden: Mobilarbeit macht auch in einem wieder normalisierten Umfeld erfinderisch. → Grafik 50

Arbeitsumfeld: bei Mobilarbeit besser bewertet als bei Arbeit im Betrieb

In der Diskussion um die gesundheitsgerechte Gestaltung von Mobilarbeit steht auch die Frage nach den äußeren Arbeitsbedingungen (Licht, Lärm, Temperatur, Raumgröße, technische Ausstattung) im Mittelpunkt. Dabei wird häufig die These aufgestellt, die Arbeitsbedingungen insbesondere bei der Arbeit von zu Hause seien unzureichend. Die mobil und hybrid Arbeitenden im privaten Bankgewerbe empfinden das jedoch völlig anders: Über 75 Prozent von ihnen beurteilen ihre äußeren Arbeitsbedingungen positiv und geben an, sich an ihrem Arbeitsplatz wohlzufühlen – deutlich mehr als in der Gruppe derjenigen, die nur im Büro/Betrieb arbeiten (70 Prozent). → Grafiken 51, 52  Das spricht für eine insgesamt gute Arbeitsumgebung und Ausstattung insbesondere im häuslichen Umfeld.

Dazu trägt offenbar auch die breite Unterstützung durch die Arbeitgeber bei. Nahezu allen Beschäftigten im privaten Bankgewerbe stehen Arbeitgeber-Angebote zur gesundheitsgerechten Gestaltung von Mobilarbeit zur Verfügung, und diese werden ganz überwiegend positiv beurteilt – besonders von denen, die häufig mobil und hybrid arbeiten: Über 80 Prozent von ihnen bewerten die Angebote ihrer Arbeitgeber positiv. → Grafik 53

Auch die Funktionalität der technischen Ausstattung erhält gute Noten: 84 Prozent derjenigen, die häufiger mobil oder hybrid arbeiten, geben an, dass die technische Ausstattung für die Arbeit von zu Hause in der Regel störungsfrei funktioniert; nur 7 Prozent verneinen dies. Auch hier ist eine deutliche Entwicklung erkennbar: Noch zwei Jahre zuvor berichteten lediglich 44 Prozent über störungsfreie Technik, während 30 Prozent häufiger von Störungen betroffen waren. Das zeugt von einer deutlichen Professionalisierung innerhalb kurzer Zeit. Damit bewegt sich das Ausmaß an „Technostress“ heute auf einem Niveau, das auch im Büro/Betrieb vorzufinden ist, und ist damit als unauffällig einzustufen. → Grafik 54

Als weiterer Indikator für die Qualität der äußeren Arbeitsbedingungen lässt sich das Ausmaß bestimmter körperlicher Beschwerden heranziehen, insbesondere Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen – wohl wissend, dass diese nicht allein auf körperliche Ursachen (etwa aufgrund mangelnder Ergonomie) zurückzuführen sein müssen, sondern auch psychisch bedingt sein können. Unabhängig davon zeigt sich auch hier eine positive Entwicklung: Die genannten Beschwerden sind bei häufig mobil und hybrid Arbeitenden nicht nur leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt, sie sind in dieser Gruppe auch tendenziell seit Pandemiebeginn rückläufig. Das lässt nicht darauf schließen, dass bei Mobilarbeit überdurchschnittlich häufig ergonomisch unzureichende Arbeitsbedingungen vorzufinden sind, sondern hier vermutlich eine Kombination aus Verhältnisprävention (verbesserte technische Ausstattung) und Verhaltensprävention (angepasstes Arbeits- und Gesundheitsverhalten) zu rückläufigen Beschwerden führt. → Grafiken 55, 56

Auffällig ist demgegenüber, dass die genannten Beschwerden bei nicht Mobilarbeitenden in den vergangenen Jahren tendenziell zugenommen haben. Da nicht davon auszugehen ist, dass sich die äußeren Arbeitsbedingungen im Büro/Betrieb massiv verschlechtert haben, müssen dafür andere Gründe verantwortlich sein, die es in den nächsten Jahren zu beobachten gilt.

Ressourcen und Arbeitsbelastung: Professionalisierung der Arbeits- und Führungsstrukturen

Mit Blick auf Ressourcen und Arbeitsbelastung zeigt sich ein ähnliches Muster wie bei anderen Fragestellungen: Tendenziell fallen die Indikatoren bei häufig mobil und hybrid Arbeitenden besser aus als in der übrigen Belegschaft. Vor der Pandemie beurteilten diejenigen, die häufig von zu Hause oder hybrid arbeiteten, sowohl Ressourcen als auch Arbeitsbelastung und Angemessenheit der Arbeitsziele überdurchschnittlich gut. Das kehrte sich auf dem Höhepunkt der Pandemie 2021 um, mobile und hybride Arbeit wurden als überdurchschnittlich belastend wahrgenommen, obwohl die Beschäftigten ihre Arbeitszufriedenheit und Gesundheit in dieser „Wir schaffen das“-Phase als besonders gut einstuften. Mit Normalisierung der Lebensverhältnisse bei gleichzeitig größerer Mobilarbeits-Routine zeigt sich jedoch wieder das Bild aus vor-pandemischer Zeit. Das spricht für eine schnelle und weitreichende Professionalisierung von Arbeits- und Führungsstrukturen auch in der zunehmend mobilen und hybriden Arbeitswelt. → Grafik 57

Zusammenarbeit im Team: größere Kollegialität bei Mobil- und Hybridarbeit

Vor der Pandemie gab es beim wichtigsten Team-Indikator, dem Teamgeist und Zusammenhalt unter den Kolleg*innen, mit Blick auf das Ausmaß an Mobilarbeit keinerlei Unterschiede. Das hat sich deutlich gewandelt: Insbesondere häufig hybrid Arbeitende bewerten diesen Aspekt seitdem stetig besser und empfinden ihn als überdurchschnittlich gut. Bei weiteren wichtigen Team-Indikatoren (Einsatzbereitschaft, Anerkennung) zeigt sich das vertraute Bild: Nach einem leichten Einbruch 2021 ist bei mobil und hybrid Arbeitenden eine Stabilisierung auf überdurchschnittlichem Niveau und damit insgesamt eine größere Kollegialität bei Mobil- und Hybridarbeit erkennbar. Das ist auch deshalb erfreulich, weil bei besonders häufiger Mobilarbeit immer wieder auf die Gefahr sozialer Isolation hingewiesen wird; diese scheint jedoch insbesondere bei zunehmend hybriden Arbeitsformen gering zu sein. → Grafik 58

Auffällig ist, dass Nicht-Mobilarbeitende die Zusammenarbeit im Team mittlerweile als unterdurchschnittlich bewerten. Dies könnte mit einem veränderten Informationsfluss in hybriden Arbeitswelten zu tun haben, bei dem der Austausch unter den mobil Arbeitenden unter Umständen besser funktioniert als mit den im Büro/Betrieb Tätigen. Dafür würde sprechen, dass die Nicht-Mobilarbeitenden bestimmte Kommunikationsaspekte im Team und mit ihren Führungskräften schlechter bewerten als die Mobilarbeitenden (s. nächster Abschnitt).

Führung: Beginn des Hybrid-Zeitalters erleichtert Führungskräften die Arbeit

Führung ist ein wichtiger Schlüssel für gute, motivierende und gesundheitsgerechte Arbeit – das galt vor und während der Pandemie, und es gilt verstärkt in neuen hybriden Arbeitsstrukturen. Dabei gaben die Beschäftigten im privaten Bankgewerbe ihren Führungskräften trotz aller Umbrüche in den vergangenen Jahren und bis heute gute Noten. Für die Führungskräfte selbst war die Pandemiezeit jedoch mit besonderen Herausforderungen verbunden, die teilweise noch bestehen und wichtige Erkenntnisse für eine zeitgemäße Führungskultur liefern.

Vor dem Blick auf die aktuelle Situation lohnt sich deshalb ein Blick zurück auf die Pandemiejahre 2021 und 2022. In diesen Jahren hat der
AGV Banken nicht nur die Beschäftigten insgesamt danach gefragt, welche Vor- und Nachteile mobiles Arbeiten gegenüber der stationären Arbeit im Büro hat, sondern zu bestimmten Aspekten auch die Führungskräfte. Diese Fragen lassen sich – wie die Fragen im Abschnitt „Vor- und Nachteile von Mobilarbeit: Erkenntnisse der Pandemiejahre“ – heute angesichts der deutlichen Verschiebung zu hybridem Arbeiten nicht mehr in dieser Form stellen. Die Befragungsergebnisse aus den beiden Jahren liefern aber auch hier wertvolle Erkenntnisse über die Unterschiede zwischen mobiler Arbeit und klassischer Büroarbeit; sie sind deshalb sinnvollerweise Bestandteil dieser Studie.

Die Kernaussagen der zurückliegenden Führungskräfte-Befragungen lauten: Das Vertrauen ist gewachsen, der Informationsfluss hat sich verbessert, der erhöhte Steuerungsaufwand in virtuellen Teams ist geblieben. Und Aspekte, die einen vertieften persönlichen Austausch erfordern, haben sich zwar verbessert, bleiben aber bei reiner oder überwiegender Mobilarbeit schwierig – etwa das Führen von Mitarbeitergesprächen, Personalentwicklung, die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Kräfte. → Grafiken 59, 60

Der Beginn des Hybrid-Zeitalters in der Arbeitswelt wiederum erleichtert Führungskräften ganz offensichtlich die Arbeit. Die Mischung aus Führung auf Distanz und persönlichem Austausch erhöht zwar teilweise den Koordinations- und Steuerungsaufwand, vereinfacht aber angesichts wieder verstärkter persönlicher Präsenz und verbesserter Kommunikation ganz offensichtlich eine Reihe komplexer Führungsaufgaben. Zu diesem Ergebnis kommen die 2023 neu in die Erhebung aufgenommenen Fragen zur Qualität von Führungsaspekten.

Danach funktionieren die Zusammenarbeit im Team, das Formulieren und Erreichen von Zielen und der Informationsfluss augenscheinlich sehr gut (jeweils an die 90 Prozent positive Bewertung), das gilt auch für das Delegieren von Aufgaben und die Motivation der Mitarbeitenden. Eine ebenfalls sehr große Mehrheit der Führungskräfte (84 Prozent) bewertet das Führen von Mitarbeitergesprächen in hybridem Arbeitsumfeld positiv, und über 80 Prozent haben keine Probleme mit dem Steuerungs- und Organisationsaufwand – ein Aspekt, der unter den schwierigen Umständen der Vorjahre noch als deutlich kritischer eingestuft wurde. Und mindestens drei Viertel der Führungskräfte bewerten im hybriden Arbeitsumfeld sogar die Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen und die Personalentwicklung positiv. Vergleichsweise schwierig bleibt die Rekrutierung, die aber immerhin auch mehrheitlich positiv beurteilt wird (58 Prozent). → Grafik 61

Seit Jahren bewerten Führungskräfte wichtige Aspekte ihrer Arbeit deutlich überdurchschnittlich. So beurteilen aktuell 87 Prozent der Führungskräfte im privaten Bankgewerbe ihre Arbeit positiv, das sind drei Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der Belegschaften. Zugleich zeigt der Blick auf wichtige Indikatoren von Zufriedenheit und Arbeitsumfeld, dass den Führungskräften ihre Arbeit während der Pandemie – insbesondere im Jahr 2022 – deutlich schwerer gefallen ist als zuvor, dass sich die meisten Werte inzwischen aber wieder dem hohen Niveau vor der Pandemie annähern. Das überrascht nicht: In Corona-Zeiten mussten die Führungskräfte zunächst den Übergang in die mobile Arbeit und danach den Übergang in hybride Arbeitsformen organisieren und gestalten – ein Prozess, der noch andauert. Die Daten belegen aber, dass sich der inzwischen wieder mögliche stärkere persönliche Austausch zwischen Führungskräften und Teams deutlich positiv auf Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Führungskräfte auswirkt. → Grafiken 62, 63

Das überträgt sich offenbar auf die Beschäftigten: Mobil und hybrid Arbeitende bewerten aktuell wichtige Führungs-Indikatoren überdurchschnittlich gut. Dabei fällt auf, dass die Bewertungen der häufig hybrid Arbeitenden am besten ausfallen; das gilt sowohl für den respektvollen Umgang als auch für das Vertrauensverhältnis zur Führungskraft und deren Vorbildrolle. → Grafik 64

Noch deutlicher werden die Vorteile hybrider Arbeitsformen bei wichtigen Indikatoren der Führungskommunikation. So bewerten die häufig hybrid Arbeitenden die Offenheit der Kommunikation, die Team-Organisation und die Unterstützung bei Schwierigkeiten deutlich überdurchschnittlich gut, während die genannten Aspekte von den immer/täglich mobil Arbeitenden sogar leicht unterdurchschnittlich beurteilt werden. → Grafik 65  Damit zeigt sich: Gute Führungskommunikation braucht persönliche Begegnung – und dafür ist in hybriden Arbeitsformen offenbar ausreichend Gelegenheit. Auch damit reduziert sich das Risiko einer fehlenden sozialen Einbindung von Beschäftigten.

Dabei unterstützen Arbeitgeber ihre Führungskräfte zunehmend: Eine deutliche Mehrheit (57 Prozent) der Führungskräfte fühlt sich von ihren Arbeitgebern ausreichend auf die Führung dezentraler/virtueller Teams vorbereitet, nur 25 Prozent verneinen das – erheblich weniger als in den Vorjahren. → Grafik 66